Turnierbericht von Christopher Lutz: Am Anfang des Jahres noch nichts vor? Lust, Schach zu spielen, aber nicht dafür den ganzen Urlaub opfern? Dann wäre vielleicht das Open von Bad Zwesten das richtige Turnier für Sie. In der nun vierten Auflage fand in dem Kurort im Kurhessischen Bergland vom 2. bis 7.Januar 2000 ein Open mit beachtlicher Beteiligung statt. Unter den 142 Teilnehmern fanden sich 9 GMs und 3 IMs. Außerdem nahmen eine ganze Reihe hochtalentierter Jugendlicher teil, u. a. Arkadij Naiditsch aus Dortmund und der U16-Weltmeister Leonid Kritz. Vielleicht hatten sich die Organisatoren eine etwas höhere Teilnehmerzahl versprochen, aber einerseits stand Bad Zwesten in direkter Konkurrenz zu einigen anderen deutschen Turnieren zum Jahresbeginn. Zum anderen, so Carsten Viernau vom Organistor G4 PROMOTION, seien möglicherweise einige Spieler durch den etwas ausgedehnten Turnierplan verschreckt worden. Während im Vorjahr die neun Runden in nur fünf Tagen durchgezogen wurden (bei vier Doppelrunden), ließ man sich diesmal sechs Tage Zeit für die Durchführung. Bei einer maximalen Spielzeit von sechs Stunden pro Partie (2h/40 Zuge+1h/Rest je Spieler) konnte man also während der 2./3., 4./5. und 6./7.Runde in den Genuss von bis zu 12 Stunden Schach pro Tag kommen. Außerdem wurde die gesamte Veranstaltung noch durch ein zusätzliches Blitzturnier am 8.Januar ergänzt. Zum Turnierverlauf: Am Anfang ging es für die Titelträger wie gewöhnlich darum, möglichst unbeschadet über die Runden zu kommen. Gleich in der ersten Runde musste Vladimir Chuchelov sich mit einem Unentschieden gegen Heinz Schlefing aus Mülheim begnügen und verlor somit den Anschluss an die Spitze. In der zweiten Runde musste Vladimir Epishin sich mit dem gleichen Schicksal gegen Thomas Luther jr aus Erfurt abfinden. In der dritten Runde schließlich verlor der Schreiber dieser Zeilen gegen ein weiteres Jungtalent aus Erfurt, Ferenc Langheinrich. Aus unerpfindlichen Gründen spielte ich eine Hausanalyse, die jedoch völlig fehlerhaft war. Langheinrich konnte mit einigen starken Zügen meinen Aufbau widerlegen und den vollen Punkt einstreichen. Damit wurde ich erst einmal vom Podium (den fünf Spitzenbrettern) vertrieben und musste mich durch Siege in den Folgerunden wieder hocharbeiten. In der Zwischenzeit konnten Glek, den Doel und Gutman sich auf der Bühne festsetzen. Nach der sechsten Runde führten Glek und Van den Doel mit jeweils 5½ Punkten. Ihre Begegnung in der siebten Runde endete nach spannendem Kampf Unentschieden. Noch erstaunlichere Dinge ereigneten sich am zweiten Brett zwischen Lev Gutman und mir. Gutman stellte im 14.Zug einen Bauern ein, kam dann aber durch schwächliches Spiel meinerseits immer besser ins Spiel und hatte mich schließlich völlig an die Wand gedrückt. Schließlich kam ein Endspiel mit Turm+Springer+3 Bauern (Gutman) gegen Turm+Springer+2 Bauern (Lutz) zustande. Auch hier hatte Gutman noch gute Gewinnchancen. Bei beiderseitig knapper Bedenkzeit wickelte er jedoch in ein Turmendspiel ab, in dem mein Freibauer den gegnerischen Turm und die Partie gewann. Derart von Caissa begünstigt, konnte ich mit 6 aus 7 zu Van den Doel, Glek und Chuchelov aufschließen. Aber irgendwie hatte sich das Schlachtenglück dann gegen mich gewandt. In der 8.Runde spielte ich als Nachziehender meine "eigentlich" beste Partie des Turniers. "Eigentlich" deshalb, welch ich in beiderseitiger Zeitnot und völliger Gewinnstellung zu oft Schach bot, so dass Van den Doel nach der Zeitnot ein Remis durch Stellungswiederholung reklamieren konnte! Da auch Glek und Chuchelov sich unentschieden trennten, führte vor der letzten Runde das Quartett Van den Doel, Glek, Chuchelov und Lutz mit jeweils 6½ Punkten, vor Epishin, Gutman, Lobron, Solonar, Kritz und Zumsande mit jeweils 6 Punkten.Die Paarungen an den ersten sechs Brettern hießen dann: Lutz (6½)-Chuchelov (6½) Glek (6½)-Epishin(6) Gutman(6)-Van den Doel(6½) Solonar(6)-Lobron (6) Kritz(6)-Zumsande (6) Langheinrich(6)-Pfretzschner(6) Zunächst konnte Lobron als Nachziehender gewinnen, ebenso wie Kritz und Langheinrich. Gutman konnte Van den Doel niederringen, wodurch Van den Doel, der vor der letzten Runde die beste Fortschrittswertung besaß, auf den 8.Rang zurückfiel. Einen Rang dahinter fand sich nach seinem Remis Epishin wieder, der trotz der höchsten ELO-Zahl aller Teilnehmer keinen Spitzenplatz erringen konnte. Somit lief nur noch meine Partie. Durch einen Fehler von Chuchelov hatte ich einen Mehrbauern errungen, vergab jedoch im 40.Zug den größten Teil meines Vorteils und musste mich schließlich mit dem Unentschieden begnügen. Damit teilten sich sieben Spieler mit jeweils 7 aus 9 den ersten Platz. Nach Wertung hieß der Sieger schließlich Igor Glek aus Essen. Herzlichen Glückwunsch ! Nachfolgend der Tabellenstand der ersten 10 Plätze. Eine vollständige Rangliste mit allen Ergebnissen und vorläufiger ELO/DWZ-Auswertung kann auf den Seiten der Turnierorganisation G4 Promotion unter www.g4-promotion.de abgerufen werden. Bad Zwesten Open, 2.1.-7.1.2000, 9 Runden - CH-System 1.Glek Igor GM Katernberg 7 2.Chuchelov Vladimir GM Andernach 7 3.Lutz Christopher GM Porz 7 4.Gutman Lev GM Melle 7 5.Kritz Leonid FM Wadgassen 7 6.Langheinrich Ferenc Erfurt 7 7.Lobron Erik GM Borbeck 7 8.Van den Doel Erik GM Porz 6½ 9.Epishin Vladimir GM Duisburg 6½ 10.Kersten Uwe FM Bad Hersfeld 6½