nächste Ausgabe vorherige Ausgabe Übersicht
Newsletter abonnieren

Info-Mail Schach Nr. 56


Hallo Schachfreunde,
Fußball-EM, Wimbledon, Tour de France - da hat unser geliebtes SCHACH keine 
Chance, in den allgemeinen Medien erwähnt zu werden. Da half auch nicht das
Aufeinandertreffen der absoluten Weltspitze bei verschiedenen Veranstaltungen
im Rahmen der Frankfurt Chess Classic. Über die Höhepunkte dieses Schnell-
schach-Spektakels könnt Ihr den Bericht von Hartmut Metz lesen. Der Artikel
hat den Vorteil, dass er von einem Journalisten mit Fidemeister-Titel 
geschrieben ist.
Für etwas mehr Aufsehen in der Öffentlichkeit könnte die nächste Großveran-
staltung in Deutschland sorgen. Am 7. Juli beginnen die Dortmunder Schachtage
und das Fernsehen wird dabei sein. Die Eröffnung soll live im WDR übertragen
werden und außerdem gibt es noch 2 Sendungen für Leute mit Schlafstörungen
bzw. Inhaber von Videorecordern. Die genauen Sendezeiten sowie die Vorschau
erhaltet Ihr nächste Woche in der Info-Mail Schach Nr. 57 (kommentarlos aus
Leimen) -
bis dahin herzliche Grüße
herbert lang 

Chess Classic 2000 Frankfurt, 16.-25.06.2000
Schlußbericht Von Hartmut Metz
Fast zwei Jahre lang ist Viswanathan Anand ein richtig großer Erfolg versagt 
geblieben. Immer mehr stand der in der Juli-Weltrangliste auf Platz drei 
abrutschende Schach-Großmeister im Schatten von Garri Kasparow und Wladimir 
Kramnik. Ausgerechnet bei der am besten besetzten Veranstaltung seit Beginn 
der Turniergeschichte anno 1851 in London -erstmals waren die kompletten 
Top Ten versammelt - düpierte er die beiden Russen. Der indische Nationalheld 
deklassierte bei den Frankfurt Chess Classic in Bad Soden nicht nur den 
Weltmeister, sondern auch dessen Herausforderer. Zwei Punkte Rückstand wies 
Kasparow nach dem doppelrundigen Schnellschach-Wettbewerb der Top 6 auf den 
ungeschlagenen Anand (7,5:2,5) auf, der kaum zu bezwingende Kramnik lag gar 
2,5 Zähler zurück. Angesichts der Überlegenheit von "Speedy Gonzales", wie 
der 30-Jährige wegen seines geringen Bedenkzeitverbrauchs in Anlehnung an 
"die schnellste Maus von Mexiko" genannt wird, beruhigte sich sogar Kasparow. 
Nach dem dritten Tag hatte er noch getobt, weil er im Fujitsu Siemens Giants 
dem letztlich fünftplatzierten Ungarn Peter Leko (3,5:6,5) unterlegen war. 
Damit hatte sich abgezeichnet, dass der souveräne Weltranglistenerste zum 
ersten Mal seit zwei Jahren bei einem Turnier nicht an der Spitze zu finden
sein wird. Der als schlechter Verlierer bekannte Moskauer zeigte sich nach 
seinem Abschlusserfolg über Schlusslicht Alexander Morosewitsch (3,5:6,5) 
trotz des zweiten Platzes halbwegs gut gelaunt. Ja, er diskutierte sogar mit 
Alexej Schirow (4,5:5,5) seine Partie. Dabei sind sich die beiden Topspieler 
sonst nicht grün, weil der Weltranglistenvierte von Kasparow um einen WM-Kampf
geprellt worden war.
Im Schnellschach gilt nun wieder Anand als die Nummer eins,nachdem im Vorjahr 
Kasparow die Schmach des dritten Platzes von 1998 (hinter Anand und Kramnik) 
getilgt hatte. In die Weltliga stieg Michael Adams auf. Der Engländer war im 
Vorjahr noch Letzter des Frankfurt Chess Masters geworden, diesmal landete der 
Weltranglistensiebte mit 10,5:3,5 Zählern vor Wassili Iwantschuk 
(Ukraine/9,5:4,5) und Jewgeni Barejew (Russland/8:6).
Im stets prall gefüllten Taunus-Tagungszentrum in Bad Soden waren nicht nur
die mehr als 3.000 Zuschauer angesichts der zahlreichen
spektakulären Partien die Gewinner. Dazu durfte sich auch Fritz on Primergy
zählen. Das Rechenungeheuer, das bis zu 2.800.000 Stellungen pro Sekunde 
prüft - ein Mensch bringt es in derselben Zeit auf drei oder vier -,
ertrotzte gegen die stärksten Großmeister ein 5:5. Nur Kasparow verweigerte
sich dem Duell mit der Maschine. Dafür bezwang Fritz on Primergy erstmals
den indischen Computer-Spezialisten Anand mit 1,5:0,5. Dagegen hatten
Kramnik und Leko die Maschine bei ihren 1,5:0,5-Siegen ausgetrickst. Beide
beherzigten einen Hit von Udo Lindenberg: "Hinterm Horizont geht´s weiter".
Die Rechentiefe von Fritz on Primergy liegt bei etwa 16 Halbzügen. Lange
Mattangriffe verschwinden so hinter dem Rechenhorizont. Doch nicht mehr
lange. "Es ist jetzt eine spannende, historische Zeit. Aber in fünf, sechs
Jahren wird es vorbei sein", droht Software-Guru Matthias Wüllenweber die
Dominanz der Computer an.

zurück zur Startseite

© 1998 - 2015 by Anton Lindenmair, Augsburg