Hallo Schachfreunde, wieder (seit Sonntag Abend) aus Spanien zurück, will ich versuchen, Euch einen ersten Überblick über die dortigen Turniere zu geben. Aus der Sicht des Blindenschach stand ein Rundenturnier mit 10 Spielern im Mittelpunkt, das unter der etwas sonderbaren Bezeichnung "IBSA Weltmeisterschaft" firmierte. Die IBSA ist die International Blind Sports Association, welcher die IBCA seit 1996 als "technische Kommission" angehört. Für dieses Turnier waren die ersten 10 der WM in Brünn eingeladen. Leider gab es einige Absagen, so dass das Feld durch Nachrücker wieder aufgefüllt werden musste. Trotzdem kam ein sehr interessantes Turnier zu Stande, das bis zum Ende spannend blieb. Lange Zeit führte Piotr Dukaczewski (Polen) das Feld an. Ihm auf den Fersen blieb der Russe Sergej Smirnow. Nach 8 Runden führte Dukaczewski mit 7,5 Punkten, einer meiner Meinung nach gigantisch hohen Punktzahl für dieses Klassefeld. Smirnow folgte mit einem Punkt Rückstand. In der letzten Runde kam es dann zum Aufeinandertreffen der beiden Führenden. Wieder einmal ging Dukaczewski kurz vor dem Ziel die Luft aus, und er musste sich Smirnow geschlagen geben, wodurch dieser mit der etwas besseren Wertung den Turniersieg holte. IBSA Weltmeisterschaft 2000 in Benasque (Spanien) 06.07.2000 bis 14.07.2000 Rundenturnier 1. Smirnov Sergej......... 7,5 29,50 Rußland .1=0111111 2. Dukaczewski Piotr...... 7,5 28,50 Polen 0.11111=11 3. Zoltek Tadeusz......... 6,0 21,50 Polen =0.1===111 4. Wassin Sergej.......... 5,0 19,00 Ukraine 100.==1011 5. Bjerring Kai........... 5,0 17,00 Dänemark 00==.11101 6. Zsiltzova-Lisenko Lubow 4,0 12,50 Ukraine 00==0.=1=1 7. Palacios Perez Manuel.. 3,5 10,00 Spanien 00=00=.=11 8. Durban Joan Piera...... 3,0 11,50 Spanien 0=0100=.01 9. Rossikhin Igor......... 2,5 10,00 Weißrußland 00001=01.0 10. Tatarczak Jan.......... 1,0 2,50 Polen 000000001. Als zweites Blindenschachturnier fand gleichzeitig ein 9-rundiges Open statt, das den Titel 1. Einzelweltcup - Iljumschinow-Cup trug. In diesem Turnier waren unter den 64 Teilnehmern auch 15 deutsche Spieler vertreten. Von ihnen erwischte Olaf Dobierzin mit 4 Punkten aus 4 Partien den besten Start. Nach einem Rückschlag (zwei Niederlagen hintereinander) fing sich Olaf jedoch wieder und konnte am Ende sogar mit Rang 3 einen Platz auf dem Treppchen (Stockerl) erringen. Auch Dieter Bischoff kam mit 3,5 aus 4 gut vom Start weg, fiel aber dann im Laufe des Turniers etwas zurück. Manfred Müller hielt sich das ganze Turnier über im vorderen Mittelfeld auf und konnte dann durch einen gelungenen Schlussspurt noch einen hervorragenden 5. Platz belegen. Bei Andre Schlierf lief es zunächst nicht so richtig, aber auch er zog zum Schluss noch einmal an und katapultierte sich durch 3 Siege in den Runden 7 - 9 noch auf Platz 11. Leider kann ich Euch heute noch keine vollständige Tabelle liefern. Um es kurz zu sagen: "Es gibt keine". Leider waren die Veranstalter nicht in der lage, nach Turnierende eine vollständige Tabelle zu präsentieren. Im Bulletin waren lediglich die ersten Drei der "WM" und die ersten Zehn des Open aufgeführt. Auffallend bei diesem Turnier war, dass es viele neue Gesichter aus vielen neuen Ländern gab, die wie die Tabelle zeigt, sich auch sofort beachtliche Plätze sichern konnten. 1. Larduet Kuba 7,5 2. Suder Polen 7,5 3. Dobierzin Deutschland 6,5 4. Tamayo Kuba 6,5 5. Müller Deutschland 6,5 6. Jatshyschin Ukraine 6,0 7. Gunajew Polen 6,0 8. Qadiri Iran 6,0 9. Alon Israel 6,0 10. Figueroa Chile 6,0 11. Schlierf Deutschland 6,0 12. Bischoff Deutschland 5,5 14. Lindenmair Deutschland 5,5 15. Engl Deutschland 5,5 16. Pohlers Deutschland 5,0 Auf ebenfalls 5,0 Punkte und damit auf Plätze zwischen 17 und 32 kamen Kauzky (Österreich) und Schellmann und Heinich (Deutschland). Wenn ich jetzt noch einen deutschen Spieler mit 5,0 Punkten vergessen haben sollte, bitte ich um Nachsicht, aber mir fehlt im Moment einfach noch der Überblick. Ich hoffe jedoch, bald eine vollständige Tabelle nachliefern zu können. Neben diesen beiden Blindenschachturnieren fand gleichzeitig noch ein Damengroßmeisterturnier mit 10 Spielerinnen und ein großes Open mit über 400 Teilnehmern statt. Das soll es für heute gewesen sein. Auch diese Mail ist wohl so ein wenig chaotisch geraten, aber vielleicht steckt Chaos an. Anschließend noch zwei Beiträge aus dem Weltschach ohne Kommentar. Mit der Mail fertig und auf dem Sprung zum Kopieren des Schachexpress grüßt Euch herzlich Toni aus Augsburg LADIES-VETERANS: FINAL COUNTDOWN Am letzten Tag des originellen Geschlechterkampfs zwischen Damen und Senioren im Münchner Nobelhotel "Bayrischer Hof" besteht über das Siegerteam kein Zweifel mehr: Die Ladies gehen mit beruhigenden fünf Punkten Vorsprung in die letzte Runde, lediglich ein 5:0-Kantersieg der Schachveteranen könnte theoretisch noch Gleichstand herbeiführen. Das schnelle Remis zwischen Zsofia Polgar und Wassili Smyslow sorgt nach wenigen Minuten für klare Verhältnisse. Die sonst stets kampfeslustige Zsofia ist froh, ein für sie schachlich gesehen furchtbar verlaufenes Turnier abzuschließen. Außerdem kann sie so mehr Zeit mit ihrer kleinen Schwester verbringen: Judit ist nach einem Marathon-Turnierprogramm rund um den Erdball zu Kurzbesuch und Shopping in München angereist: Indonesien (1.Platz vor Karpow und Khalifman, Schweden (1.Platz vor Timman), Spanien (3.Platz hinter Anand und Schirow), Mexiko (2.Platz hinter Schirow sowie ein Mannschaftskampf in Isräl waren in den letzten zwei Monaten ihre Stationen. Spannung kommt jedoch noch in zwei Partien auf: Viktor Kortschnoi und Weltmeisterin Xie Jun ringen um die Trophäe des besten Einzelresultats, Nana Ioseliani braucht mit den schwarzen Steinen gegen Vlastimil Hort zumindest ein Remis, um eine Großmeisternorm der Männer zu sichern. Xie Jun verteidigt sich einmal mehr Königsindisch, hier hat sie gegen Kortschnoi in dessen Leib-und Magenvariante (klassisches Königsindisch mit 9.Se1 und 10.Le3) schon mehrere schreckliche Niederlagen einstecken müssen. Doch diesmal greift Viktor zu einer scharfen Variante im Averbachsystem. In einem theoretisch hochinteressanten Duell greift Xie Jun im 14.Zug daneben (14...Kh8! 15.Sd5: g5 16.Ld3 Sd4: 17.Sd4: Sd2 führt laut Ljubojevic zu einer guten schwarzen Position.) und landet schnell in einer strategisch aussischtslosen Position. In der anschließenden Analyse wird sie vom unbarmherzigen Altmeister gegeißelt: "Wie könne sie nur ausschließlich Königsindisch spielen, er selbst sei in hohem Alter noch wesentlich fleißiger und arbeite an seinem Schach..." Wenige Tage zuvor war ich Ohrenzeuge, wie er Zsofia Polgar deren Niederlage gegen ihn in einer französischen Partie so erklärte: "Ich spiele Französisch seit 50 Jahren, Du hast diese Variante jetzt vielleicht zum zweiten Mal am Brett..." Immer wieder bin ich von Kortschnois unbändiger Energie und Leidenschaft tief beeindruckt, dieser Mann lebt wirklich Schach! Inzwischen ist Taimanov mit Weiß die Eröffnung völlig mißraten, nach wenigen Zügen schon muß er gegen Vizeweltmeisterin Galliamova die Waffen strecken. Seine Fähigkeiten stellt zuletzt noch der Holländer Bouwmeester unter Beweis: In einer undurchsichtigen und schwierigen Positionspartie zwingt er die starke Chinesin Zhu Chen in die Knie, die als einzige Teilnehmerin Kortschnoi bezwingen konnte. Nach schwerem Ringen haben die Ereignisse eine ungünstige Wendung für Nana Ioseliani genommen-in beiderseitiger Zeitnot wird sie von Vlastimil Hort glatt überspielt, nur ein Wunder kann sie noch im Zeitnotgefecht rettenÙAls Schiedsrichter Geurt Gijssen nach Blättchenfall im 42.Zug zur Rekonstruktion die Uhr anhält berührt Hort am Zug gerade noch seinen Turm- Statt nun auf andere Art zu gewinnen führt der nunmehr erzwungene Turmzug zu einem für Ioseliani glücklichen Remis-Gratulation zur Großmeisternorm! Endstand 27:23 für die Ladies! Ich wünsche dieser schönen Traditionsveranstaltung viele Fortsetzungen, hier kann man sich als männlicher Großmeister wirklich nur wünschen über sechzig oder eben doch weiblichen Geschlechts zu sein! Stefan Kindermann 07.07.-16.07.2000 Sparkassen Cheß Meeting Superturnier im Schauspielhaus Dortmund Der Endstand nach der 9. Runde: 1.-2. Vladimir Kramnik und Viswanathan Anand 6.0 3.-5. Michäl Adams , Peter Leko und Vladimir Akopian 5.0 6. DEEP JUNIOR 6 4.5 7.-8. Alexander Khalifman und Evgeny Bareev 4.0 9. Jeroen Piket 3.5 10. Robert Hübner 2.0 Dortmunder Sparkassen Cheß Meeting 2000 Pressezentrum Superturnier: 9. Runde, 16. Juli 2000 Wladimir Kramnik wieder Schachkönig von Dortmund Nach vier Siegen in Serie von 1995 bis 1998 und dem zweiten Platz im Vorjahr holt sich der Weltranglisten-Zweite damit wieder die Schachkrone von Dortmund zurück. Dem 25-jährigen genügte in der letzten Begegnung am heutigen Sonntag ein Remis gegen Weltmeister Alexander Khalifman, um sich mit 6 Punkten aus 9 Spielen den Turniersieg zu sichern. In einer Katalanischen Partie einigten sich die beiden Russen bereits nach knapp einer Stunde und nur 15 Zügen auf Unentschieden. Zwar schloß Mitkonkurrent Viswanathan Anand (Indien) durch einen Sieg gegen Robert Hübner (Solingen) in der letzten Runde nach Punkten zu Kramnik auf.Auf Grund der besseren Feinwertung war dem Russen der Turniersieg aber nicht mehr zu nehmen. In der längsten Partie des Tages gab Peter Leko nach 60 Zügen und rund sechs Stunden Spielzeit mit den weißen Steinen gegen das Schachprogramm "Junior 6 auf. Der 20-jährige Vorjahressieger aus Ungarn verspielte eine bessere Stellung und belegt am Ende gemeinsam mit Michäl Adams (England) und Wladimir Akopian (Armenien) den dritten Platz.