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Info-Mail Schach Nr. 61


Hallo Schachfreunde,

es ist geschafft! Die Tabelle vom Open in Benasque ist fertig. Falls
die Einzelergebnisse im Bulletin alle richtig gewesen sind, müsstte die
Tabelle stimmen.

Nach der Tabelle git es heute für Leseratten ein Turniertagebuch von
Christopher Lutz von der 1. Europameisterschaft in Italien. Vor dem
Tagebuch findet Ihr noch einmal den Stand an der Spitze. Vielleicht ist
das Wetter ja schlecht genug, um das Tagebuch zu lesen. Wenn nicht, dann
ab in den Müll damit.

Wie auch immer, ich wünsche Euch viel Spaß und ein schönes Wochenende

Toni aus Augsburg


                             Iljumschinow Cup 2000

                             in Benasque (Spanien)
                           06.07.2000 BIS 14.07.2000
                           9 Runden Schweizer System

  1. Larduet C.................. CUB  7,5 38,5 50,0
  2. Suder Ryszard.............. POL  7,5 37,5 51,5
  3. Dobierzin Olaf............. GER  6,5 35,5 51,5
  4. Tamayo Pedro............... CUB  6,5 34,0 48,0
  5. Müller Manfred............. GER  6,5 29,0 44,0
  6. Yatsishin Ivan............. UKR  6,0 36,0 54,0
  7. Gunajew Rafal.............. POL  6,0 35,5 54,0
  8. Qadiri Hassan Ali.......... IRI  6,0 32,0 50,5
  9. Alon Levy.................. ISR  6,0 28,0 40,0
 10. Figueroa Tomas............. CHI  6,0 28,0 39,0
 11. Schlierf André............. GER  6,0 27,0 40,5
 12. Konev Viktor............... UKR  5,5 31,5 50,5
 13. Bischoff Dieter............ GER  5,5 31,5 49,5
 14. Lindenmair Anton........... GER  5,5 30,0 44,0
 15. Engl Heinz................. GER  5,5 28,0 43,5
 16. Pohlers Jürgen............. GER  5,0 30,0 43,0
 17. Aguilar Sevilla Diego...... ESP  5,0 29,0 44,5
 18. Enjuto Velasco Roberto..... ESP  5,0 28,0 46,0
 19. Saez Oscar G............... ESP  5,0 27,5 49,0
 20. Altinok Kerim Osman........ TUR  5,0 27,5 46,0
 21. Heinich Manfred............ GER  5,0 27,5 44,0
 22. Mora Manez Julio........... ESP  5,0 27,0 46,0
 23. Kauzky Hartmut............. AUT  5,0 26,5 43,5
 24. Blasco Frasquet Raul....... ESP  5,0 26,5 43,0
 25. Berenguer Jose Antonio..... ESP  5,0 26,0 41,0
 26. Nemes György............... HUN  5,0 25,5 43,0
 27. Gärtner Frank.............. GER  5,0 24,0 41,0
 28. Mas Artigas Pera........... ESP  5,0 23,5 40,0
 29. Draghici Gabriel........... ESP  5,0 23,0 41,0
 30. Debowska Teresa............ POL  5,0 23,0 37,5
 31. Schellmann Frank........... GER  5,0 22,5 40,5
 32. Denes Joszef............... HUN  5,0 22,5 37,5
 33. Diaz Juan Carlos I......... ESP  5,0 22,0 38,5
 34. Rubio Mancebon Pedro....... ESP  4,5 25,0 45,0
 35. Medina Edgardo............. VEN  4,5 22,5 42,5
 36. Bagayatkar Madan........... IND  4,5 21,5 39,0
 37. Hengles Roberto............ BRA  4,5 19,5 36,5
 38. Mejias Javier.............. ESP  4,5 19,0 35,5
 39. Huerga Angel Tirados....... ESP  4,0 19,5 35,0
 40. Staubach Peter............. GER  4,0 19,0 39,5
 41. Jadhav Charudatta.......... IND  4,0 19,0 38,5
 42. Lopez Angel M.............. ESP  4,0 18,0 37,0
 43. Fries Werner............... GER  4,0 18,0 35,0
 44. Martins Adroildo Jose...... BRA  4,0 17,5 38,5
 45. Plechaty George Wazlav..... ENG  4,0 15,0 33,5
 46. Sola Josep................. ESP  4,0 13,0 28,0
 47. Torres de Jesus Saulo...... COL  3,5 24,0 44,5
 48. Knafo Michael.............. ISR  3,5 19,0 34,0
 49. Bhatt Viresh............... IND  3,5 17,0 40,5
 50. Dalschaert Didier.......... BEL  3,5 16,5 40,0
 51. Tertto Villas Boas Crisolon BRA  3,5 11,5 28,5
 52. Menendez Jose Carlos....... ESP  3,0 20,0 41,5
 53. Milotzki Kurt.............. GER  3,0 17,0 43,5
 54. Fries Elisabeth............ GER  3,0 17,0 38,0
 55. Patil Shirish.............. IND  3,0 16,0 37,0
 56. Diez Jesus Antonio......... ESP  3,0 15,0 34,0
 57. Barghool Fatemeh........... IRI  3,0 11,5 34,0
 58. Cruz Zelaya Felipe......... HON  3,0 11,0 31,5
 59. Pereira do Couto Jaunario.. BRA  2,5 14,5 32,5
 60. Tulio Lopez Marcos......... HON  2,5 13,0 31,0
 61. Zarezadeh Leila............ IRI  2,5 10,0 31,0
 62. Lucena Vaz Jose............ BRA  2,5  7,5 28,0
 63. Carqueville Stephan........ GER  2,0  6,5 31,5
 64. Alba David................. ESP  0,5  3,0 32,0


Europameisterschaft , St.Vincent (ITA) 03.07.00 - 14.07.00 11 Runden

                       Pl. Name Nat.  ELO Punkte
                        1 Tregubov , P. RUS g 2620 8.0
                        2 Aleksandrov , A. BLR g 2591 8.0
                        3 Markowski , T. POL g 2568 8.0
                        4 Kharlov , A. RUS g 2627 8.0
                        5 Lutz , C. GER g 2595 7.5
                        6 Smirin , I. ISR g 2677 7.5
                        7 Malakhov , V. RUS g 2605 7.5
                        8 Chernin , A. HUN  g 2572 7.5
                        9 Fedorov , A. BLR g 2646 7.5
                        10 Galkin , A. RUS g 2587 7.5

                       120 Teilnehmer ; 46 GM ; 23 IM ; 9 FM

Europa-Meisterschaft in Saint-Vincent/Italien, 3.7.-14.7.2000
von Christopher Lutz

                                Als Reaktion auf den irrationalen Kurs der
FIDE hatte die Europäische Schachunion (ECU) vor einiger Zeit beschlossen,
verstärkt auf eigene Aktivitäten zu setzen. Daher wurde dieses Jahr
erstmalig die Europäischen Einzelmeisterschaften der Damen und Herren
ausgetragen. Die Europäische Damenmeisterschaft wurde von der Russin Natalia
Zhukova im Mai im georgischen Batumi gewonnen. Die Einzelmeisterschaft der
Herren wurde nach Saint-Vincent vergeben.

                                Saint-Vincent ist ein touristisch geprägter
Ort im Aosta-Tal, auf der italienischen Seite der Alpen. An und für sich
also ein reizvoller Austragungsort, der sicherlich viele Amateure zur
Teilnahme an dieser als offenes Turnier ausgetragenen Meisterschaft hätte
bewegen können. Vielleicht wurde im Vorfeld nicht genügend Werbung für
dieses Turnier gemacht, vielleicht war auch die Konkurrenz an anderen
Sommerturnieren zu groß, jedenfalls wurden mit nur 120 Teilnehmern wohl die
Erwartungen der Organisatoren zahlenmäßig nicht ganz erfüllt. In puncto
Qualität war dieses Turnier jedoch extrem stark besetzt: 45 GMs und 22 IMs
bei insgesamt 66 Spielern über ELO 2400. Das starke Teilnehmerfeld wurde
durch zweierlei Umstände begründet: Einserseits war der Preisfond sehr hoch
(der erste Preis betrug 10.000 Euro bzw. ein Kleinwagen der Marke Fiat
Punto), andererseit berechtigten die ersten beiden Plätze in der
Endplatzierung zur Teilnahme am Weltcup und an der Weltmeisterschaft. Somit
war der sportliche Anreiz für dieses nominell (nach der Weltmeisterschaft)
zweitwichtigste Einzelturnier gegeben, jedoch vermisste ich die
entsprechende Turnieratmosphäre. Ich hatte eher das Gefühl, in einem
starkbesetzten Open als in einer offiziellen Meisterschaft zu spielen. Dies
lag sicherlich am Spielsaal (einer Sporthalle), warum konnte die
Veranstaltung nicht etwa im nahegelegenen Casino (das auch als Co-Sponsor
agierte) stattfinden? Ein Rahmenprogramm gab es nicht, für die
(wenigen)Zuschauer gab es nicht viel zu sehen. Vor Ort wurde keinerlei
Werbung für die Veranstaltung gemacht.

                                Doch gehen wir über zum Turnierverlauf: Mit
einer ELO-Zahl von 2702 steht der russisch-polnische Großmeister Michal
Krasenkow an der ersten Stelle der Setzliste, vor Ilia Smirin aus Isreal und
Zurab Azmaiparshvili aus Georgien.

                                Von deutscher Seite spielen die Titelträger
Eric Lobron, Gerald Hertneck, Dimitrij Bunzmann, Florian Handke und der
Schreiber dieser Zeilen mit.

                                Die erste Runde ist von großen
ELO-Unterschieden geprägt. Die Spieler der ersten Hälfte der Setzliste
können sich fast alle durchsetzen. Die einzigen Ausnahmen sind die Partien
von GM Franco, der gegen seinen spanischen Landsmann schnell die Punkte
teilt, und die Partie von Tony Miles, der ebenfalls nur ein Unentschieden
erzielen kann. Ein anderer Engländer, Stuart Conquest, kommt auf kuriose
Weise ebenfalls zu einem halben Punkt. Conquest hat sich rechtzeitig zum
Turnier angemeldet, sich aber nicht am ersten Turniertag noch einmal
registrieren lassen. So wird er zunächst nicht bei der Auslosung
berücksichtigt. Auf seinen Protest hin wird er gegen Pavel Tregubov gepaart,
Tregubovs ursprünglich vorgesehener Gegner erscheint nämlich nicht. Doch
Tregubov (der sich korrekt registrieren hat lassen) weigert sich, gegen
Conquest zu spielen und bekommt einen kampflosen ganzen Punkt zugesprochen,
während Conquest von der Turnierleitung einen kampflosen halben Punkt erhält
! Sicherlich eine diskussionswürdige Entscheidung der Organisatoren, die
besonders pikant im Licht der späteren Platzierung Tregubovs erscheint.



                                Die Zweitrunden-Begegnungen verlaufen schon
wesentlich ausgeglichener.

                                Ich selbst spiele gegen Dimitrij Bunzmann
unentschieden. Eine interessante Abwicklung leitet direkt von der Eröffnung
ins Endspiel über, wo ich trotz eines Mehrbauern stark unter Druck stehe, da
mein Sd5 unangenehm gefesselt ist. Eric Lobron verliert eine gute Stellung
gegen Kiril Georgiev. Gerald Hertneck remisiert gegen den Isräli Gur
Mittelman, während Florian Handke gegen Gyula Sax ebenfalls die Punkte
teilt. Die lustigste Partie der Runde gelingt ohne Zweifel dem Elo-Favoriten
Michal Krasenkow. Man beachte den Schlusszug 16.Dxb5+!.



                                In der dritten Runde wähne ich mich schon
auf der Siegerstraße, als ich gegen Alberto David eine Stellung aus der
Partie Timman-Van Wely (Wijk aan Zee 2000) erreichen kann. Nach 17.Sd5! hat
mein Gegner nur noch wenige Minuten auf der Uhr, aber im weiteren Verlauf
verteidigt er sich exakt und schließlich werden nach interessantem Verlauf
nach 41 Zügen die Punkte geteilt. Eric Lobron findet durch seinen Sieg
wieder Anschluß an das Turnier. Gerald Hertneck schiebt sich gar mit einem
Sieg auf 2,5 aus 3 vor. Dimitrij Bunzmann remisiert schnell, während Florian
Handke gegen Alexander Chernin verliert.



                                In der vierten Runde sehe ich mich als
Nachziehender mit der Variante 1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3
a6 6.Le3 Sg4 7.Lg5 h6 8.Lc1!? konfrontiert. Schließlich erreichen wir eine
klassische Scheveninger Struktur mit dem zweifelhaften Mehrtempo ...h7-h6.
Ich stehe unter Druck, doch glücklicherweise verliert mein Gegner Handzar
Odeev die Übersicht und gibt kurz nach der Zeitnotphase auf. Gerald Hertneck
bezwingt den ehemaligen Jugendweltmeister Alexander Galkin. Dabei hat der
junge Russe schon fast ausgeglichen, als ihm der der Fehler 18...dxc4?
19.Sg5! mit Qualitätsgewinn für Weiß unterläuft. Eric Lobron und Dimitrij
Bunzmann spielen unentschieden, während Florian Handke unnötig verliert.

                                Am Spitzenbrett trennen Krasenkow und
Georgiev sich mit einem Unentschieden, so daß es nach vier Runden sechs
Spieler mit 3,5 Punkten gibt.

                                In der fünften Runde gelingt mir durch einen
Sieg gegen die Nr.1 der Setzliste, Michal Krasenkow, eine große
Überraschung. Dabei ist in meiner Partie eigentlich nicht so viel los, bis
der russisch-polnische Großmeister mit 26...a4? fehlgreift. Der schwarze
Freibauer am Damenflügel erweist sich als eine Schwäche anstatt einer Stärke
und der Sc7 kommt nicht ins Spiel. Deshalb ist 26...bxc3 besser, nach
27.bxc3 sollte sowohl 27...Sxd5 28.Td4 Sf6!? als auch 27...Tfb8 das
Unentschieden sichern.

                                Ich bin jedoch nicht der bestplatzierte
Deutsche, denn Gerald Hertneck kann sich durch einen Sieg mit den schwarzen
Steinen an die alleinige Spitzenposition schieben. Gegen Fedorovs
Königsindischen Angriff verteidigt der Münchener sich umsichtig, besonders
stolz ist er auf die Züge 9...a6 und 17...De8. In der hochtaktischen
Zeitnotphase verliert der Weißrusse schließlich den Überblick. Eric Lobron
kann gewinnen, Dimitrij Bunzmann spielt unentschieden und Florian Handke
verdirbt eine Gewinnstellung im 40.Zug zum Unentschieden.

                                In der sechsten Runde spielt Hertneck am
Spitzenbrett unentschieden gegen Kiril Georgiev. Georgiev kommt gut aus der
Eröffnung heraus und opfert schließlich eine Figur gegen drei Bauern.
Hertneck gibt eine Qualität gegen einen Bauern und trotz leichter Vorteile
für den Bulgaren wird der Punkt geteilt. Ich selbst kann am vierten Brett
ebenfalls einen halben Punkt erreichen. Allerdings stehe ich unter starkem
Druck, mit 29.exf6 (statt 29.Txf6?, was die weiße Grundreihe schwächt) hätte
der Niederländer großen Vorteil behalten können. Eric Lobron teilt ebenfalls
den Punkt, aber Dimitrij Bunzmann kann gegen Jacek Gdanski einen
schwungvollen Angriffssieg landen. Gegen einen als riskant geltenden
schwarzen Aufbau kann der Neuköllner mit 9.g4! und 10.d6! energisch
vorgehen. Die noch fehlende GM-Norm ist nun für ihn in greifbarer Nähe.
Florian Handke kann endlich einmal wieder gewinnen und schiebt sich auf 50%
vor.

                                Amüsant ist die Partie Vukovic-Aldravandi an
Tisch 33. Nach 1.e4 c5 2.b3 Sc6 3.Lb2 d6 4.Lb5 e5 5.f4 spielt Schwarz das
unglaubliche 5...g5!??. Sein Gegner ist so beeindruckt, daß er nach 13
Zügen bereits aufgibt.


Nach dem Ruhetag, den ich zusammen mit Eric Lobron
und Jan Timman zu einem Abstecher zum Fuße des Matterhorns nutze, geht es in
die siebte Runde. Von der Bergluft beflügelt, opfere ich etwas unmotiviert
gegen Aleksandrov einen Bauern, mein Gegner kann sich jedoch nach und nach
konsolidieren. Bevor es unangenehm für mich wird, stellt er dann seinen
Mehrbauern ein und wenig später werden die Punkte geteilt. Gerald Hertneck
wird von Pavel Tregubov ausgeknockt. Hertneck wählt ein zweifelhaftes
Abspiel im Wolga-Gambit, sein Gegner antwortet energisch und bereits nach
10.Dg4! steht Weiß auf Gewinn. Eric Lobron gelingt mit Schwarz ein schöner
Sieg gegen den Neu-Holländer Sergej Tiviakov. Nach einem Qualitätsopfer
erlangt Lobron eine ausgeglichene Stellung, in Zeitnot stellt Tiviakov
schließlich die Partie ein. Dimitrij Bunzmanns GM-Ambitionen werden durch
die Niederlage gegen Chernin fürs erste zerstört. Bunzmann steht nach
eigener Aussage die meiste Zeit besser, verdirbt jedoch in Zeitnot seine
Stellung. Florian Handke schließlich verliert völlig unnötig ein
ausgeglichenes Springerendendspiel und fällt auf "-1" zurück.

                                In der Tabelle führen nach sieben Runden nun
Tregubov und Vadim Milov (der mit Schwarz in einer schönen Partie gegen
Beliavsky gewinnen kann) vor dem überraschend starken Polen Tomasz Markowski
und Andrei Kharlov.

                                Die achte Runde nutzen Gerald Hertneck und
ich zu einem weiteren Ruhetag - wir trennen uns bereits nach wenigen Zügen
mit einem Unentschieden. Eric Lobron muß dagegen länger für den halben
Punkt kämpfen. Er spielt die Eröffnung sehr experimentell und steht nach
12...f5! bereits strategisch auf Verlust. Um wenigstens mit fliegenden
Fahnen unterzugehen, öffnet er mit 14.g4 auch noch die Diagonale a8-h1. Sein
aktives Gegenspiel zeigt Wirkung (man beachte den Trick 29.Tg2!), und
schließlich kann er den halben Punkt retten. Dimitrj Bunzmann gewinnt gegen
einen schwächeren Spieler, ebenso wie Florian Handke.

                                Am Spitzenbrett hat Vadim Milov Vorteil
gegen Tregubov, kann aber nur ein Unentschieden erreichen. Tomasz Markowski
setzt seine Erfolgsserie fort und kann gegen Andrej Kharlov den ganzen Punkt
erzielen. Somit führen Milov, Tregubov und Markowski mit 6,5 aus 8 vor
Aleksandrov mit 6 aus 8.

                                In der neunten Runde gewinne ich eine
interessante Partie gegen Smirin. Dabei hatte der Isräli kurz vor Schluss
noch die Möglichkeit, das Unentschieden zu erreichen.

                                Am ersten Brett gewinnt Markowski mit den
schwarzen Steinen gegen Tregubov, am zweiten Brett ist Aleksandrov gegen
Milov siegreich.

                                Für die anderen deutschen Teilnehmer läuft
es weniger günstig: Zwar kann Bunzmann gegen Romanishin ein Unentschieden
erreichen, doch Hertneck verliert, nachdem er den Trick 25...Shf6? 26.e5!
Sxe5 27.Sc7! übersieht. Eric Lobron kann durch 24.Sd3! eine Druckstellung
erreichen, stattdessen läßt er mit 24.Dd2? Txc4! ein unklares Qualitätsopfer
zu und verliert dann in der Zeitnotphase. Florian Handke schließlich stellt
in ungefähr ausgeglichener Stellung eine Figur ein, der junge Porzer spielt
wahrlich nicht das Turnier seines Lebens.

                                Die Spannung steigt, als in der vorletzten
Runde Aleksandrov als Nachziehender gegen Markowski einen Bauern weniger
hat. Der Weißrusse behält aber immer Gegenchancen und gewinnt schließlich.
Die Verfolger remisieren, darunter auch ich in meiner Partie gegen Milov.
Ich stehe als Nachziehender die längste Zeit unter Druck, kann mich aber in
ein remisiges Endspiel retten. An Brett 5 kann Alexander Galkin mit Schwarz
gegen Zurab Azmaiparashivili gewinnen, der junge Russe schiebt sich damit
ebenfalls auf 7 Punkte vor.

                                Lobron verliert, Bunzmann remisiert, während
Hertneck und Handke gewinnen.

                                Damit sieht Aleksandrov wie der sichere
Sieger aus: Er hat 8 Punkte, Markowski 7,5 Punkte und die Verfolgergruppe 7
Punkte. Aleksandrov hat auch noch Weiß in der letzten Runde, was soll da
noch schief gehen ? Doch am letzten Tag kommt es ganz anders: Aleksandrov
verliert sang- und klanglos nach nur dreißig Zügen, Tregubov und Aleksandrov
liegen somit punktgleich bei 8 Punkten. An Brett drei gewinnt Andrej Kharlov
gegen Vadim Milov. Pech für den Schweizer, denn er hat Kharlov an die Wand
gespielt und verfügt bereits über einen Mehrbauern, ehe er in Zeitnot den
Faden verliert und eine Figur einstellt. Somit bleibt nur noch die Paarung
an Brett zwei zwischen dem Schreiber dieser Zeilen und dem
Überraschungsmann, Tomasz Markowski. Zunächst läßt sich die Partie gut für
mich an: Markowski wählt als Nachziehender einen Igel-Aufbau und ich
erreiche eine komfortable Stellung mit Raumvorteil. Während und nach der
ersten Zeitnotphase gerate ich jedoch ins Schleudern und gerate in Nachteil.
Markowski kämpft erbittert um den Sieg und opfert gar seine Dame gegen Turm,
Springer und zwei Bauern, aber ich verteidige mich zäh und schließlich endet
die Partie nach 81 Zügen mit einem Unentschieden durch Patt. Somit enden
schließlich vier Spieler bei acht Punkten, nach Buchholzwertung sind dies
Pavel Tregubov aus Russland, Aleksej Aleksandrov aus Weißrussland, Tomasz
Markowski aus Polen und Andrei Kharlov aus Russland. Für den bei uns wenig
bekannten, 29-jährigen Tregubov aus Krasnodar stellt dies sicherlich den
größten Erfolg seiner Karriere dar. Er kann sich als Sieger über einen
nagelneuen Fiat Punto freuen und qualifiziert sich wie der Zweitplatzierte
Aleksandrov für den Weltcup im September in China als auch für die
Weltmeisterschaft im November in Indien.

                                In der nächsten Gruppe von Preisträgern mit
7,5 Punkten finde ich mich auf Platz 5 wieder, vor Ilia Smirin, der mit
Schwarz gegen Yuri Yakovich gewinnen kann, und den Spielern Vladimir
Malakhov, Alexander Chernin, Alexei Fedorov, Alexander Galkin und Sergei
Tiviakov. Tiviakov gewann übrigens die letzten drei Partien in Folge.
Zweitbester Deutscher wird Gerald Hertneck, der in der Schlussrunde als
Schwarzer gegen Alexander Beliavsky ein Unentschieden erzielen kann.
Hertneck kann einen deutlichen ELO-Gewinn verbuchen. Dimitrij Bunzmann
verpasst zwar die noch fehlende dritte GM-Norm, befindet sich aber ebenfalls
wieder auf dem auftsteigenden Ast. Eric Lobron spielt etwas über seiner
ELO-Erwartung, ohne die Doppelniederlage in der 9./10. Runde wäre vielleicht
noch mehr drin gewesen. Florian Handke schließlich musste trotz des
Doppelsieges zum Schluß einen deutlichen ELO-Verlust hinnehmen, zu oft
überschätzte er seine Stellung und unterschätzte die gegnerischen
Möglichkeiten.

                                Damit ist die erste Europäische
Einzelmeisterschaft Geschichte. Noch ist nicht klar, wann und wo die nächste
Austragung stattfinden wird, aber es bleibt zu hoffen, daß sich dieses
Turnier zu einer Tradition entwickelt.

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