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Info-Mail Schach Nr. 96


Hallo Schachfreunde,

endlich kann ich Euch wieder einmal etwas aus dem Bereich "Blindenschach"
bieten. Wir beginnen mit dem Zwischenstand im Heinz-Reschwamm-Pokal und
setzen fort mit der spanischen Meisterschaft im Blindenschach. Ich
habe mich entschlossen, die gesamte Tabelle hier zu veröffentlichen -
die Namen sind einfach zu malerisch - und vielleicht entdeckt ja der
eine oder andere alte Bekannte wieder.

Den Abschluss dieser Info-Mail Schach Nr. 96 bildet dann ein etwas
umfangreicherer Bericht über eine "Emanuel-Lasker-Konferenz" in
Potsdam.

Ich wünsche Euch viel Spaß mit der Nr. 96.

Herzliche Grüße von
Toni aus Augsburg


Der 6. Heinz-Reschwamm-Pokal im Fernschach neigt sich dem Ende zu. Das
Turnier, das von je einer Mannschaft der sechs Bezirke im Deutschen
Blindenschachbund (DBSB) bestritten wird, endet am 31.03.2001 und es
laufen nur noch wenige Partien. Für den Sieg kommen nur noch die
Mannschaften der Bezirke Süd (Bayern) und Nord in Frage.

Der aktuelle Zwischenstand:

1. Süd          7,0/9
2. Nord         4,5/7
3. Südwest      4,5/9
4. West         4,0/9
5. Ost          3,0/9
6. Mitte        3,0/9

Folgende Partien sind noch offen:

Bischoff - Kröger
Kansier - Thyron
Gieseler - Lindenmair
Sämann - Beutelhoff


Bei der spanischen Meisterschaft im Blindenschach die im November 2000
statt fand (das genaue Datum und der Austragungsort sind mir leider
nicht bekannt), siegte diesmal nach acht Runden Schweizer System
Manuel Palacios, nachdem er bei der letzten Meisterschaft 1998 den
Meistertitel nur auf Grund der schlechteren Wertung verpasst hatte.
Mit einem halben Punkt Rückstand folgte Gavril Draghici auf Rang 2.
Damit hat sich der aus Rumänien stammende Draghici in der Spitze des
spanischen Blindenschachs etabliert. Titelverteidiger Joan Durban kam
diesmal nur auf Platz 8.

Der Endstand:

  1. Palacios Perez Manuel.....  7,0 40,0 315,5
  2. Draghici Gavril...........  6,5 42,0 309,0
  3. Martinez Garcia Jose......  6,0 42,5 291,0
  4. Enjuto Velasco Roberto....  6,0 40,0 306,0
  5. Blasco Frasquet Raul......  5,5 41,5 304,0
  6. Zanoletty David...........  5,5 39,5 286,5
  7. Pimienta Manuel S.........  5,5 33,5 264,0
  8. Durban Joan Piera.........  5,0 42,5 300,0
  9. Aguilar Sevilla Diego.....  5,0 39,5 292,0
 10. Mora Manez Julio..........  5,0 38,0 281,0
 11. Saez Oscar G..............  5,0 37,0 290,5
 12. Sanz Narciso..............  5,0 36,5 276,0
 13. Mejias Javier.............  5,0 35,0 274,5
 14. Bernabe Francisco M.......  5,0 34,5 275,0
 15. Septien Valeriano.........  5,0 34,5 268,5
 16. Garcia Cecilio............  5,0 33,5 277,5
 17. Clemente Roberto..........  5,0 33,0 275,0
 18. Rubio Mancebon Pedro......  5,0 33,0 260,0
 19. Mas Artigas Pere..........  5,0 32,0 267,0
 20. Burdio Delfin Gracia......  4,5 35,5 262,5
 21. Sanchez Esmeralda R.......  4,5 33,5 261,0
 22. Garcia Andrinal Antonio...  4,5 32,0 262,0
 23. Salas Conchita R..........  4,5 32,0 255,0
 24. Sanjose Eduardo...........  4,0 37,5 270,5
 25. Huerga Angel Tirados......  4,0 37,0 274,0
 26. Olivera Alberto G.........  4,0 35,0 257,5
 27. Garcia Vila Eloy..........  4,0 34,0 249,5
 28. Cazorla Jose Maria........  4,0 33,5 273,5
 29. Espadina Jaime............  4,0 32,0 252,5
 30. Garcia Cervigon Juan Pablo  4,0 31,5 259,5
 31. Garcia Pena Francisco.....  4,0 31,5 250,5
 32. Bezanilla Angel F.........  4,0 30,0 252,5
 33. Lino Jorge Telmo..........  4,0 29,0 249,0
 34. Coves Laureano............  4,0 29,0 228,5
 35. Sanchez Justo Ruiz........  4,0 27,5 246,0
 36. Lopez Angel Luis..........  3,5 35,5 249,5
 37. Ariste Jesus A............  3,5 34,0 260,5
 38. Canals Francesco..........  3,5 31,5 249,5
 39. Benavides Jesus M.........  3,5 30,0 240,0
 40. Mayor Juan Jose...........  3,0 33,0 249,5
 41. Garcia Ramon..............  3,0 32,5 244,0
 42. Bueno Rafael C............  3,0 27,5 242,0
 43. Arranz Javier Fraile......  3,0 26,5 225,0
 44. Tauler Anton..............  3,0 25,5 207,0
 45. Rincon Santiago...........  3,0 25,0 227,0
 46. Parreno Andres............  3,0 24,5 229,5
 47. Gonzalez Juan M...........  3,0 24,5 210,5
 48. Aparicio Carlos...........  3,0 23,0 210,5
 49. Garcia Olegario...........  3,0 22,0 204,0
 50. Gutierrez Julio...........  2,5 30,5 237,5
 51. Sanchez Manuel............  2,5 23,5 186,5
 52. Navascuez Candido C.......  2,0 27,0 217,0
 53. Carmona Jose Luis.........  2,0 23,5 187,0
 54. Garcia Soledad Segismundo.  1,5 24,0 202,0
 55. Guillen Pablo.............  1,5 20,5 198,0


Internationale Konferenz über einzigen deutschen Schachweltmeister Potsdam
-- von Wolfgang Radeiski, Gründungsmitglied der Laskergesellschaft --

Potsdam. Wenn in Deutschland mindestens sieben gleichgesinnte Männer
(oder Frauen) zusammen-kommen, gründen sie einen Verein. In Potsdam waren es
am zweiten Januarwochenende (12.-14. 01.) zeitweise fast 300 Teilnehmer aus
dem In-und Ausland, die sich anlässlich des 60. Todestages des bisher
einzigen deutschen Schachweltmeisters (1894-1921), Emanuel Lasker, zu einer
internationalen Konferenz trafen - und 40 davon die erste
Emanuel-Lasker-Gesellschaft gründeten.
Wenn eine Vereinsgründung im deutschen Schach- und Geistesleben sinnvoll war,
dann diese. Sie kommt spät, ist für den wiedervereinigten Deutschen Schachbund
(so Präsident Egon Ditt) kein besonderes Ruhmesblatt. Denn das Erbe des
Schachspielers, Philosophen, Schriftstellers, Mathematikers, Weltbürgers und
Juden Emanuel Lasker (1868-1941) droht in Vergessenheit zu geraten. Deshalb
stellte Cheforganisator Paul Werner Wagner (geb. 1948), der das Moses
Mendelssohn Zentrum Potsdam sowie die Bundeszentrale für politische Bildung
finanziell dafür gewinnen konnte, die Konferenz unter das Motto: "Homo ludens -
homo politicus" (Der spielende und politische Mensch), um die Gesamt-
persönlichkeit Laskers zu würdigen.
Ohne Paul Werner Wagner, einst mit der DDR-Meisterin Annett Michel verheiratet,
hätte es diese Konferenz nicht gegeben. Er ist ein lebender Beweis für Zweigs
"Schachnovelle": Während seiner Haft (Republikflucht) u.a. im berüchtigten
Stasi-Knast "Roter Ochse" in Halle lernte er Lasker, sein Leben und seine
Partien kennen - aus einer Schachzeitung in der Gefängnisbibliothek, die in
Vorbereitung des Emanuel-Laskers- Gedenkturniers zum 100. Geburtstag 1968 in
Ostberlin zahlreiche Artikel veröffentlichte. Später hatte er sich als
Schachspieler in Wolfen, Turnierorganisator und Oberligaschiedsrichter sowie
Initiator des "Schachcafes" im Berliner FEZ, einen Namen im DDR-Schach gemacht,
bevor er sich jetzt als freiberuflicher Kulturmanager und Leiter des Wilhelm
Fränger Institutes Berlin seiner "alten Liebe" erinnerte.
Seine Intention zur Ausrichtung der Konferenz: "Für mich ist Lasker der
Repräsentant eines vernichteten deutsch-jüdischen Geisteslebens, das es
als kulturelles Erbe zu bewahren gilt." Denn auch die deutsche Schachszene
hatte zwischen 1933-45 ihren Arierparagraphen, verbannte Laskers Namen, bis
auf wenige Beispiele, aus den Büchern, schloss den "Juden" Lasker aus der
Berliner Schachgesellschaft aus, zwang ihn ins Exil. Eine wirkliche
Wiedergutmachung hat es bisher nicht gegeben. Als vergangenes Jahr das
ehemalige Sommerhaus Laskers in Thyrow - zwischen Trebbin und Ludwigsfelde -
bzw. das, was davon übrig blieb, zum Verkauf anstand, rettete es Wagner vor
dem Abriss, plante mit Hilfe einer Konferenz und einer zu gründenden
Lasker-Gesellschaft, dieses Grundstück als Erinnerungstätte zu erhalten.
Und er lud zur Konferenz, was in der Schachwelt vor allem als Historiker, Rang
und Namen hat - und fast alle kamen. Für die politische Unterstützung des
Projekts sorgte Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe zur
Konferenzeröffnung sowie Bundesinnenminister Otto Schily, der am
Prominententurnier teilnahm. Für die fachliche Kompetenz standen namhafte
Schachgroßmeister aus dem In- und Ausland wie Deutschlands bekannteste
Altmeistergilde Wolfgang Unzicker (München), Lothar Schmid, Helmut Pfleger
(beide Bamberg), Wolfgang Uhlmann (Dresden, mit Bronstein Sieger des
Lasker-Gedenkturnieres 1968) und Robert Hübner (Solingen). Darüber hinaus
kamen GM Jurij Awerbach (Moskau), bekannter Schachlehrer und
Endspieltheoretiker, Ex-Wm-Herausforderer Viktor Kortschnoj (Schweiz), der
auf seinem Weg zum Zweikampf mit Ukraines Jungstar Ponomariov eine
Simultanrunde in Potsdam einlegte, der älteste, noch lebende GM der Welt,
Andre Lilienthal (Budapest), der selbst noch gegen Lasker gespielt hatte und
im Mai seinen 90. Geburtstag feiert, der namhafte Schachhistoriker Isaak
Linder (Moskau / Biografie über Lasker), Henriette Reering, Leiterin der
Schachsammlung der Königlichen Bibliothek Den-Haag, Schach-historiker
und -verleger Egbert Meissenburg, Kunsthistoriker Hans Holländer, Polens
bekanntester Schachorganisator Jerzy Arlamowski, die deutschen
Fernschachweltmeister Horst Rittner und Fritz Baumbach, die
Altinternationalen Rudolf Teschner (Zweiter eines Lasker-Gedenkturnieres
1948) und Alfred Künzel (geb. 1912), Edith Keller-Hermann, erste deutsche
Schachgroßmeisterin (geb.1921) - eine der wenigen Frauen bei dieser
Veranstaltung.
Selbst den bisher einzige Millionengewinner einer deutschen Fernseh-Ratesendung
(Günther Jauchs RTL-Wissenquiz) zog es nach Berlin und Potsdam: Dr. Ekkehard
Freise, Historiker und passionierter Schachspieler aus Wuppertal, ließ sich
Konferenz und Gründungsversammlung nicht nehmen. Außerdem dabei: Vertreter aus
dem polnischen Barlinek (früher Berlinchen, dem Geburtsort Laskers) und Thyrow.
Rechtzeitig zur Konferenz war im Philo-Verlag das jüngste Ergebnis der
Lasker-Forschung "Emanuel Lasker - Schach, Philosophie, Wissenschaft" (248
S./ DM 48,-) von Michäl Dreyer und Ulrich Sieg erschienen. Deren Beiträge -
nach der von Historikern in vielen Details umstrittenen Lasker-Biografie von
J. Hannak aus dem Jahre 1953 das erste umfassende Werk über Lasker -
bestimmten die Diskussion, die naturgemäß viel zu gering ausfiel: Dr. Dreyer
(Jena) referierte über Lasker als homo politicus, Dr. Sieg (Marburg) und Dr.
Gräfrath (Essen) über Lasker als Philosoph, Dr. Lembcke (Jena) über Lasker
als homo ludens, Dr. Hagemann (Tübingen) über Lasker als Dramatiker, Thesing
(Münster) über das mathematische Werk von Lasker. Übrigens: Zahlreiche
Autoren spielen für den Lübecker Schachverein, wo sich offensicht-lich ein
besonders fruchtbares Kreativ-Zentrum deutscher Schachforschung versammelt
hat.
Für die historischen Reminiszenzen während der Konferenz sorgten am
Abschlusstag die ausländischen Gäste: Frau Reering über "Lasker und Holland",
Awerbach "Lasker und Russland" und Linder "Laskers Moskauer Exil". Eine
nähere Betrachtung der Beiträge würde den Rahmen dieses Beitrages bei weitem
sprengen, bleibt ohnehin der Herausgabe der Konferenzmaterialien durch die
Lasker-Gesellschaft vorbe-halten. Nur soviel: Auch die mit viel Beifall
aufgenommenen Auftritte des Nestors des deutschen Schachs, Wolfgang Unzicker
(Tarrasch und Lasker), von Schachverleger und Großmeister Lothar Schmid
(Lasker und der Nationalsozialismus) sowie Robert Hübner (Laskers
psychologische Spielführung) waren "high-lights", die es im deutschen Schach
so noch nicht gegeben hat. Auch dadurch wurde es eine Konferenz von
historischer Dimension.
Um das jüdische Erbe muss immer wieder neu gesprochen und auch gekämpft
werden. Denn schon will die Landesregierung in Sachsen-Anhalt im Schachdorf
Ströbeck (Kreis Halberstadt) die einzige Emanuel-Lasker-Schule Deutschlands
schließen. Grund: der Schulentwicklungsplan - zuwenige Schüler.
Planungsbürokraten fehlt offensichtlich jedes historische Gespür. Auch in
Laskers Lieblingsland Holland droht ein Skandal, wie auf der Konferenz zu
erfahren war: Das Max-Euwe-Centrum in Amsterdam wird untergehen, wenn es
nicht gelingt. eine 250 prozentige Mieterhöhung abzuwenden!
Der Gründungsvorsitzende der Lasker-Gesellschaft, Paul W. Wagner, dazu:
"Es wäre fatal, wenn das pas-siert. Denn so etwas wie die Holländer wollen
wir auch schaffen - ein Schachmuseum in Berlin." Die Polen dagegen, die
Laskers Geburtshaus in Barlinek (einst "Perle der Neumark") pflegen,
begegnen ihm und ihren deutschen Traditionen mit wachsendem Engagement: Vom
19. Bis 29. Juli wird bereits das IX. Lasker-Memorial in der Wojewodschaft
Gorzow (früher Landsberg) ausgetragen!
(Informationen zur Laskergesellschaft über: www.lasker-gesellschaft.de)









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