Hallo Schachfreunde, leider kann ich Euch keine Fanfare bieten, um die Nr. 100 von Info-Mail Schach anzukündigen und auch mit dem goldenen Rand um diese Mail wird es nichts werden. Aber ein kurzes Innehalten sei doch gestattet, bevor wir uns dem Tagesgeschäft widmen. Wenn wir hier von der Nr. 100 von Info-Mail Schach sprechen, so ist dies eigentlich ein wenig untertrieben. Streng genommen sind es einige Ausgaben mehr, da Herbert Lang und ich einige Male mit "Info-Mail Schach - aktuell" getitelt haben. Seit dem 29.07.1999 ist die Zahl der Empfänger ständig gestiegen und gegenwärtig versorgen wir 77 Adressaten aus Deutschland, Österreich, der Türkei, Norwegen und Ungarn mit Informationen über das Schachgeschehen mit Schwerpunkt Blindenschach. Mittlerweile stehen auch alle bisher erschienenen Ausgaben als Archiv auf meiner Homepage http://www.schachkomet.de zur Verfügung und können dort nachgelesen werden. Doch genug der Vorrede. Heute berichten wir vom Abschluss des "Internationalen Schachturniers für Blinde der Stadt Linares", vom selben Veranstaltungsort könnt Ihr den Zwischenstand des Großmeisterturniers erfahren (ein ausführlicherer Bericht folgt nach Turnierende), und von der Entscheidung im "Heinz-Reschwamm-Pokal" wird ebenfalls kurz berichtet. Weiterhin viel Spaß bei den - zunächst - nächsten 100 Nummern wünschen die Herausgeber von Info-Mail Schach Herbert Lang und Toni Lindenmair Das Blindenschachturnier, das im Schatten des Top-Großmeisterturniers in Linares statt fand, ist zu Ende. Gestern, am Sonntag, den 4. März, wurde die 9. und letzte Runde gespielt. Und diese 9. Runde hatte es in sich. Die Spitzengruppe wurde noch einmal kräftig durcheinander gewirbelt. Die beiden bis dahin führenden patzten (Smirnov mit Weiß gegen Altmeister Cabarkapa und Berlinsky mit Schwarz gegen Zoltek) und verloren ihre Partien. Damit war der Weg frei für Exweltmeister Krylov, der den Tabellenletzten Draghici besiegte und das Turnier somit mit einem halben Punkt Vorsprung gewann. Es ist der erste Sieg in einem bedeutenden Turnier nach langer zeit für den Russen. Die beiden ebenfalls aus Russland stammenden Berlinsky und Smirnov teilten sich Platz 2. Nachdem Piet Devos (Belgien) bereits nach der 5. Runde durch einige gute Ergebnisse aufgefallen war und sich im Mittelfeld etabliert hatte, konnte er durch einen Schlussspurt (Remis gegen Berlinsky und Dukaczewski und Siege gegen Cabarkapa und Palacios) sogar noch in die Spitzengruppe vordringen. Wenn dieses Resultat nicht nur eine Eintagsfliege gewesen sein sollte, kann man von dem jungen Belgier in der Zukunft noch einiges erwarten. Nur zu Rang 5 reichte es diesmal für den ansonsten immer für einen Spitzenplatz guten Piotr Dukaczewski. Der Rest des Feldes folgte dann doch mit mehr oder weniger großem Abstand. Insbesondere von Bjerring, aber auch von Zoltek, der ja immerhin amtierender Europameister ist, hatte man etwas mehr erwartet. Auch die Spanier werden mit den beiden letzten Plätzen wohl kaum zufrieden gewesen sein. Anerkennung verdient jedoch die Leistung von Milenko Cabarkapa (Jugoslawien) der nun schon seit sage und schreibe 40 Jahren in der Weltspitze mitmischt. Internationales Schachturnier für Blinde 2001 in Linares (Spanien) 23.02.2001 BIS 04.03.2001 Rundenturnier 1. Krylov Sergej........ RUS 7,5 .==11111=1 2. Berlinsky Vladimir... RUS 6,5 =.1==01111 3. Smirnov Sergej....... RUS 6,5 =0.1111011 4. Devos Piet........... BEL 6,0 0=0.=11111 5. Dukaczewski Piotr.... POL 5,5 0=0=.1=111 6. Zoltek Tadeusz....... POL 4,0 01000.=1=1 7. Bjerring Kai......... DEN 3,0 0000==.110 8. Cabarkapa Milenko.... YUG 3,0 0010000.11 9. Palacios Perez Manuel ESP 2,0 =0000=00.1 10. Draghici Gavril...... ESP 1,0 000000100. Runde 6 Draghici Gavril...... - Bjerring Kai......... 1,0:0,0 Zoltek Tadeusz....... - Smirnov Sergej....... 0,0:1,0 Berlinsky Vladimir... - Devos Piet........... 0,5:0,5 Dukaczewski Piotr.... - Krylov Sergej........ 0,0:1,0 Cabarkapa Milenko.... - Palacios Perez Manuel 1,0:0,0 Runde 7 Palacios Perez Manuel - Draghici Gavril...... 1,0:0,0 Krylov Sergej........ - Cabarkapa Milenko.... 1,0:0,0 Devos Piet........... - Dukaczewski Piotr.... 0,5:0,5 Smirnov Sergej....... - Berlinsky Vladimir... 0,0:1,0 Bjerring Kai......... - Zoltek Tadeusz....... 0,5:0,5 Runde 8 Draghici Gavril...... - Zoltek Tadeusz....... 0,0:1,0 Berlinsky Vladimir... - Bjerring Kai......... 1,0:0,0 Dukaczewski Piotr.... - Smirnov Sergej....... 0,0:1,0 Cabarkapa Milenko.... - Devos Piet........... 0,0:1,0 Palacios Perez Manuel - Krylov Sergej........ 0,5:0,5 Runde 9 Krylov Sergej........ - Draghici Gavril...... 1,0:0,0 Devos Piet........... - Palacios Perez Manuel 1,0:0,0 Smirnov Sergej....... - Cabarkapa Milenko.... 0,0:1,0 Bjerring Kai......... - Dukaczewski Piotr.... 0,5:0,5 Zoltek Tadeusz....... - Berlinsky Vladimir... 1,0:0,0 Super GM-Turnier Linares 2001 Tabelle - nach 8 von 10 Runden: 1 Kasparov,G 2849 6.0/8 2 Polgar,Ju 2676 4.0/8 3 Leko,P 2745 3.5/8 13.75 4 Shirov,A 2718 3.5/8 13.50 5 Karpov,An 2679 3.5/8 13.00 6 Grischuk,A 2663 3.5/8 12.75 Dirk Poldauf berichtet aus Linares 3. Runde (25.02.2001) Grischuk-Leko remis, Polgar-Karpow remis, Schirow-Kasparow remis 4. Runde (27.02.2001) Grischuk-Kasparow 0-1, Karpow-Leko remis, Polgar-Schirow 1-0 Nach dem Ruhetag rollen endlich Köpfe! Den ersten vollen Punkt des Turniers holte sich Garri Kasparow gegen das 17jährige russische Supertalent Alexander Grischuk, anschliessend gewann Judit Polgar mal wieder gegen ihren "alten Kunden" Alexej Schirow. 5. Runde (28.02.2001) Kasparow-Karpow 1-0, Leko-Polgar remis, Schirow-Grischuk 1-0 Keine Entscheidung im innerungarischen Duell, zwei Schwarz-Alpträume in den anderen beiden Partien. Garri Kasparow und Alexej Schirow überrennen Anatoli Karpow bzw. Alexander Grischuk. Nach dem ersten Umlauf führt damit erwartungsgemäß der Weltranglistenerste die Tabelle an, eine kleine Überraschung stellt bei Halbzeit der zweite Rang von Judit Polgar dar. 6. Runde (01.03.2001) Karpow-Schirow remis, Kasparow-Leko 1-0, Polgar-Grischuk remis Trotz der kurzen Distanz und geringen Teilnehmerzahl strebt Kasparow einem überzeugenden Sieg mit großem Vorsprung zu. Heute gewann er zum dritten Mal in Folge, das Opfer hieß diesmal Peter Leko. 7. Runde (03.03.2001) Grischuk-Karpow 1-0, Polgar-Kasparow remis, Schirow-Leko remis "Könnten Sie bitte an den Nebentisch gehen. Dies hier ist der Stammplatz von Anatoli Karpow", wurde ich vom Oberkellner heute Mittag deutlich an das Comeback schlechthin erinnert. Natürlich. Nach sechsjähriger Unterbrechung, in denen er auf der Schwarzen Liste Renteros stand, hat der Exweltmeister wieder Einzug in die heiligen Hallen des Hotels "Anibal" zu Linares gehalten. Der Auftritt des 49-Jährigen beim einstmals stärksten und trotz der Abwesenheit der Weltmeister Kramnik und Anand immer noch bärenstarken Turniers scheint aber zu misslingen. Nach der fürchterlichen Niederlage gegen Kasparow in der 5. Runde, als er im Sturm unterging, warf Karpow heute in der Begegnung mit seinem 17-jährigen Landsmann Alexander Grischuk einen halben Punkt weg. 39... Tb2 war der entscheidende Fehler, meinte sogleich der langjährige Karpow-Sekundant Podgajez. Richtig war z. B. 39... Td5. Das Endspiel war eigentlich immer remis, wie die Analyse der beiden Russen zeigte.Karpow hat damit drei Runden vor Schluss die Rote Laterne übernommen. Einigen Staub wirbelte die Partie Polgar-Kasparow auf. Judit schien auf der Verliererstraße, doch dann glänzte sie mit überraschenden Zügen wie 25.c3 oder besonders 28.f5!. Kasparow bekannte in der kurzen Analyse, dass er nach dem letzteren dieser Züge durcheinander gewesen sei. Seine Mimik während der Partie, die er bis dahin vergleichsweise sparsam eingesetzt hatte, bestätigte dies eindrucksvoll. Er ging keinerlei Risiken mehr ein und forcierte mit einem Springereinschlag auf c3 das Remis durch Dauerschach. Wundersame Dinge gibt es auch aus der Partie Schirow-Leko zu vermelden. Schirow hatte bei seinem Läuferopfer auf h6 die Verteidigung 24... f5 übersehen und hätte daraufhin Dauerschach geben müssen. Er tat dies nicht, investierte seine 45 Minuten Bedenkzeit und entkorkte mit noch zwei Minuten auf der Uhr den Verlustzug 35.Tc1??, den Leko mit dem Nehmen auf f2 gefolgt von 36... Dh4 ausnutzen konnte. Der Magyare zog die Dame jedoch sofort nach h4, wonach sich Schirow trotz Minusturm überraschend retten konnte. "Ich hatte 37.Sf4 gesehen, dachte aber, dass mit einem Turm mehr und bei eigenem Zug irgendwie gewinnen müsste", wunderte sich Leko. Schirow hingegen war mit seinen Gedanken offenbar schon bei der morgigen Partie - gegen Kasparow. Ausgestorben ist das Pressezentrum. Dauerregen prasselt auf das "Anibal". Die Spanier haben im Moment Wichtigeres zu tun als Schach. Soeben hat im Spitzenduell der Primera Division Real Madrid gegen FC Barcelona das 1:0 geschossen. 8. Runde (04.03.2001) Karpow-Polgar 1-0, Kasparow-Schirow 1-0, Leko-Grischuk remis Etwa 20 Fotografen scharten sich um das Brett von Kasparow und Schirow. Wie nicht anders zu erwarten, gab es wieder keinen Händedruck.Eine geradezu absurde Zuspitzung erfuhr die Szene durch die Anwesenheit eines Sicherheitsbeamten auf der Bühne. Cecilio Valero Martinez, ausgerüstet mit Gummiknüppel und Handschellen und sonst im eher beschaulichen Linares auf Verbrecherjagd, hatte den Auftrag erhalten, im Falle einer handgreiflichen Auseinandersetzung einzugreifen und die Streithähne zu trennen. Das war denn doch nicht nötig, denn Kasparow und Schirow trugen ihren Händel auf dem Schachbrett aus. Schirow spielte eine forcierte Variante im offenen Spanier, die er vor fünf Jahren als Weißer auf dem Brett gehabt hatte. Kasparow verbesserte pikanterweise jedoch Schirows Spielweise und gewann die Partie ohne ersichtliche Schwierigkeiten. Der Wahlspanier aus Riga unterzeichnete im 38. Zug die Kapitulation und entschwand. Seine elfte Niederlage gegen Kasparow û bei keinem eigenen Erfolg. Kasparow- wie immer in Linares von Sekundant Juri Dochojan und Mama Klara Schagenowna begleitet, die das Geschehen aus Reihe zwei aufmerksam verfolgte - steht damit zwei Runden vor Schluss praktisch als Sieger fest. Keine Überraschung, denn mit Wladimir Kramnik und Viswanathan Anand gibt es nur zwei Spieler auf dem Planeten, die ihm gefährlich werden können. Und die sind nicht hier. Vishy kam heute früh im übrigen von einer Tour durch indische Städte in seine spanische Wahlheimat Collano Mediano bei Madrid zurück, wo er sich auf das demnächst beginnende Blind- und Schnellturnier von Monte Carlo vorbereitet. Gestern glaubte ich eine Weile, Kramnik im Restaurant des Hotels äAnibalô ausgemacht zu haben. Doch es war nur ein Spanier, der dem Russen verblüffend ähnlich sah. Um ein Haar hätte ich den vermeintlichen Kramnik begrüßt, doch eine prophylaktische Nachfrage beim Kellner bewahrte mich vor dieser Peinlichkeit... Seinen ersten Sieg feierte Karpow, der Polgar in eine vorbereitete Variante mit frühzeitigem Damentausch lockte. Allerdings schien seine Stellung im frühen Mittelspiel kritisch und im Pressezentrum wurden Stimmen laut, die seine Niederlage prognostizierten. äWir haben diese Art Stellungen in der Vorbereitung analysiert, darunter auch gelegentliches b2-b4 gefolgt von Td1 ô, beschwichtigte Karpow-Sekundant Podgajez. Karpow hatte noch eine Reihe kritischer Momente zu überstehen bis sein Sieg nach knapp sieben Stunden Spielzeit feststand. Auf seinen ersten Sieg in Linares 2001 wartet nach wie vor Peter Leko, der von Ehefrau Sofia und Manager Carsten Hensel begleitet und von Amador Rodriguez sekundiert wird. Alexander Grischuk spielte solide und bekam sein letztlich sein Remis. 9. Runde (05.03.2001) Grischuk-Schirow, Karpow-Kasparow, Polgar-Leko 10. Runde (06.03.2001) Kasparow-Grischuk, Leko-Karpow, Schirow-Polgar Der Sieger des 6. Heinz-Reschwamm-Pokals im Fernschach steht fest. Es ist der Bezirk Süd (Bayern). Bis auf die Partie Lindenmair - Gieseler sind alle Partien beendet. Die noch ausstehende Partie hat jedoch keine Auswirkung mehr auf den Turniersieg. Die offizielle Abschlusstabelle bringen wir, sobald auch die letzte Partie beendet ist. Hier nun die vorläufige Tabelle: 1. Süd 7,0/9 2. Südwest 5,5/10 3. Nord 5,0/9 4. West 4,5/10 5. Mitte 3,5/10 Ost 3,5/10