nächste Ausgabe vorherige Ausgabe Übersicht
Newsletter abonnieren

Info-Mail Schach Nr. 101


Hallo Schachfreunde,

der Nebel der Jubiläumsausgabe hat sich verzogen und der Alltag hat
uns wieder. Deshalb ohne lange Vorrede zu unseren heutigen Themen.

Der Spielbezirk West (NRW) hat den Reigen der diesjährigen
Regionalturniere des DBSB eröffnet. Diese Regionalturniere dienen
als Qualifikationsturniere für das im kommenden Jahr stattfindende
Kandidatenturnier zur Deutschen Blindenschachmeisterschaft. Die
ersten Drei qualifizieren sich jeweils hierfür. Leider kann ich Euch
heute nur die fünf Erstplatzierten präsentieren, auch ist mir das
genaue Datum und der ort der Veranstaltung nicht bekannt. Ich
hoffe jedoch, Euch bald das komplette Ergebnis nachreichen zu können.

In der Bundesliga scheint die Entscheidung über den Titel gefallen
zu sein. Mehr dazu weiter unten.

Den Abschluss der nr. 101 bildet ein Blick in das Turniertagebuch von
Linares - genau gesagt - es werden noch einmal die letzten beiden
Runden beleuchtet.

Viel Spass beim Lesen wünscht
Toni aus Augsburg


DBSB - Regionalturnier West

1. Heck, Ewald     5,0 29,5 188,5
2. Milotzki, Kurt  5,0 29,5 184,5
3. Beckmann, Willi 5,0 25,5
4. Thieme, Günter  4,5 29,0
5. Schorn, Kurt    4,5 29,0


Diesen Sonntag (11.März) trafen in Hamburg die beiden Spitzenteams der
Liga aufeinander. Lübeck hätte ein Unentschieden gereicht, um den
Einpunktevorsprung zu halten. Titelverteidiger Porz musste gewinnen, um an
Lübeck vorbeizuziehen. In jedem Fall würde das Ergebnis vorentscheidend für
die Vergabe des Meistertitels sein.
Die Waage neigte sich relativ rasch zu Gunsten von Lübeck. Timman (Porz) fand
keine Einstellung zu seiner Partie und verlor rasch gegen Speelman.
Und Hodgson (Lübeck) überspielte Curt Hansen mit den schwarzen Steinen
im Angriff.
Vorher hatten sich Adams und Khalifman, Bareev und Van Wely sowie Epishin und
Vaganjan jeweils remis getrennt.
An den verbliebenen Brettern hatten dann die Porzer Vorteile. Bacrot gewann
tatsächlich gegen Agdestein.
 John Nunn (Lübeck) war in der Eröffnung gegen Graf ebenfalls in
Rückstand geraten, schaffte es aber einigen Wind mit seinem Springerpaar zu
erzeugen und kompensierte so zwischenzeitlichen materiellen Nachteil.
Am Ende reichte es für die Porzer nicht: beide Partien gingen Remis
aus. Endstand: 4,5:3,5 für Lübeck, die damit den Vorsprung auf drei Punkte
ausbauen konnten. Nur eine schlimme Springflut in der Ostsee kann den
Lübeckern noch den Meistertitel nehmen!


Bundesliga Runde 10
SV Wattenscheid    3,5-4,5  USC Magdeburg
Castrop Rauxel     4,0-4,0  SV Werder Bremen
Hamburger SK       2,5-5,5  SG Köln Porz
Lübecker SV        6,0-2,0  Godesberger SK
SFR Neukölln       2,0-6,0  Solinger SG
König Tegel        4,5-3,5  Gelsenkirchen
TV Tegernsee       5,5-2,5  Baiertal Schatt
SK König Plauen    4,0-4,0  Schott Mainz

Bundesliga Runde 11
USC Magdeburg      6,0-2,0 Castrop Rauxel
SV Werder Bremen   6,5-1,5 SV Wattenscheid
SG Köln Porz       3,5-4,5 Lübecker SV
Godesberger SK     4,0-4,0 Hamburger SK
Solinger SG        8,0-0,0 König Tegel
Gelsenkirchen      3,0-5,0 SFR Neukölln
Baiertal Schatt    4,0-4,0 SK König Plauen
Schott Mainz       1,5-6,5 TV Tegernsee

Tabelle:
1. Lübecker SV      11 59,5:28,5 22- 0
2. SG Köln Porz     11 59,5:28,5 19- 3
3. Solinger SG      11 59,5:28,5 15- 7
4. SV Werder Bremen 11 47,5:40,5 15- 7
5. TV Tegernsee     11 49,5:38,5 14- 8
6. Godesberger SK   11 47,5:40,5 13- 9
7. Hamburger SK     11 47,5:40,5 12-10
8. USC Magdeburg    11 44,5:43,5 12-10
9. SFR Neukölln     11 43,0:45,0 11-11
10. SV Wattenscheid 11 42,5:45,5 11-11
11. SK König Plauen 11 45,0:43,0 10-12
12. Castrop Rauxel  11 41,0:47,0  9-13
13. Schott Mainz    11 30,0:58,0  5-17
14. Baiertal Schatt 11 36,5:51,5  4-18
15. König Tegel     11 26,5:61,5  3-19
16. Gelsenkirchen   11 24,5:63,5  1-21


9. Runde (05.03.2001)
Grischuk-Schirow 1-0, Karpow-Kasparow remis, Polgar-Leko remis

Das zweite K.u.K.-Duell in diesem Turnier schlug keine großen Wellen. Karpow
behandelte die Eröffnung als Weißer gewohnt ehrgeizlos und erzielte keinen
Vorteil. "Aber ihm liegt die Stellung eher als Kasparow. Er wird zufrieden
sein", kommentierte Karpow-Sekundant Podgajez den Partieverlauf. Als Karpow
mit dem c-Bauern auf d4 nahm, (19.exd4 ist totaler Ausgleich), schien
Kasparow allerdings etwas besser zu stehen. Außerdem geriet Karpow mehr und
mehr unter Zeitdruck. Die Abtauschkombination der Dame gegen zwei Türme
berechnete er genau. Schwarz schafft es nicht, seine Türme rechtzeitig zu
koordinieren. Die Stellung ist remis, wie auch die etwa 40-minütige Analyse
der beiden alten Rivalen zeigte. Kasparow hat sich damit auch rechnerisch
den vorzeitigen alleinigen Turniersieg gesichert und kann morgen gegen
Alexander Grischuk etwas für den Ausbau des Vorsprunges tun. "Es besteht
kein Zweifel darüber, daß Kasparow ein König ohne Krone ist", schreit neben
mir gerade der bekannte spanische Schachjournalist Leontxo Garc°a seine
Radioreportage ins Telefon. Wo er recht hat, hat er Recht. Kasparow hat nach
Wijk aan Zee, wo er die gekrönten Häupter Anand und Kramnik schlug, das
zweite Elite-Turnier des Jahres überaus überzeugend gewonnen.

Leicht wird der Sieg gegen Grischuk indessen nicht, denn der 17-jährige
Moskauer kommt langsam in Fahrt und landete heute gegen Schirow seinen
zweiten Sieg. "Das einzige, was ich hier gewinne, sind gleichstehende
Doppel-Turm-Endspiele", kommentierte Grischuk beim Verlassen des Spielsaales
die Geschehnisse. Seine Behandlung dieses Endspieles hinterließ trotz
einiger Schirowschen Ungenauigkeiten Eindruck. Die Partie verlief nach
Schirows Neuerung 9... d5 sehr interessant. Vollständige Klarheit über die
Güte dieses Bauernopfers, das Grischuk sicherheitshalber ablehnte, brachte
auch die Analyse nicht. Auch Schirows Sekundant Jordi Magem hüllte sich in
Schweigen.

Im innerungarischen Prestigeduell hatte Judit Polgar gegen Peter Leko
zeitweise optische Vorteile (den optischen Vorteil als einzige Frau im Feld
hat sie eigentlich immer), doch Leko hatte keine Probleme, sein achtes Remis
unter Dach und Fach zu bringen.

10. Runde (06.03.2001)
Kasparow-Grischuk 1-0, Leko-Karpow remis, Schirow-Polgar 1-0

Stellte schon das Ergebnis der Millenium-Ausgabe von Linares mit zwei
Siegern und vier Letztplazierten eine Kuriosität dar, so gilt diese
Einschätzung noch viel mehr für das diesjährige Turnier. Hinter  e i n e m
Sieger klaffte ein Loch von  d r e i  Punkten, bevor sich  s ä m t l i c h e
andere Teilnehmer auf dem  l e t z t e n  Rang einordneten.

Kasparow gewann gegen Grischuk zunächst einen Bauern in der Eröffnung und
dann relativ unspektakulär die Partie. Der Youngster brachte mit Tfc8 eine
Neuerung, die jedoch nicht durchschlug. Er war trotz allem "sehr zufrieden
mit seinem ersten Turnier in Linares".

Alexej Schirow holte gegen Judit Polgar aus der Eröffnung nicht viel raus.
Sein Sieg markierte für ihn ein "gutes Ende eines schlechten Turnieres".
Anschließend stand ihm die Erleichterung förmlich auf dem Gesicht
geschrieben, Schirow wirkte extrem erleichtert und lud alles und jeden auf
ein Bier ein. Am Freitag fliegt er nach Hamburg, um am Wochenende im
Spitzenkampf von Lübeck gegen Porz mit von der Partie zu sein.

Dramatik pur lieferte die Partie Leko-Karpow. Der Ungar brachte eine starke
Neuerung in der Caro-Kann-Verteidigung. Danach hielten alle Beobachter im
Pressezentrum die Stellung von Karpow für verloren. Doch diesem gelang mit
26 Sekunden für sechs Züge bzw. sechs Sekunden für zwei Züge eine wundersame
Rettung, auch in der langen gemeinsamen Analysen fanden die beiden
Kombattanten keinen eindeutigen Gewinnweg für Leko. "Ich kann halt in
Linares einfach nicht gewinnen", resümierte Leko, dem es gesundheitlich
inzwischen wieder besser geht. Karpow strahlte anschließend wie ein
Honigkuchenpferd, Ljubo Ljubojevic brachte es im Pressezentrum auf den
Punkt: "Karpow hat damit sein Turnier gerettet".

zurück zur Startseite

© 1998 - 2015 by Anton Lindenmair, Augsburg