Hallo Schachfreunde, der Alltag hat uns wieder. Deshalb kann ich heute auch nicht einen Weltcup anbieten und auch kein bedeutendes Jubiläum. Es ist eher leichte Sommerkost, auch wenn das Wetter mittlerweile das Gefühl vermittelt, als ob der Sommer vorbei sei. Dass dem nicht so sein kann sehen wir ganz deutlich im Artikel am Ende der Mail. Wie fast jedes Jahr in der "Sauren-Gurkenzeit" - und die ist nun mal im Sommer - spielt hier ein gewisser Robert James Fischer eine Rolle. Zuvor aber noch zwei kurze Berichte aus dem internationalen Blindenschach. Wie unterschiedlich die Lage des Blindenschach in den einzelnen Ländern der IBCA sein kann, wird an Hand der Kurzberichte von den Meisterschaften der Türkei und der USA deutlich. Ich wünsche Euch noch einen schönen Sonntag und viel Spaß mit Info-Mail Schach Nr. 141 Euer Toni aus Augsburg Vom 06.07.2001 - 08.07.2001 war die Blindenschule in Istanbul der Austragungsort für die türkische Meisterschaft im Blindenschach. Sage und schreibe 78 Spieler beteiligten sich an diesem Turnier. In nur drei Tagen wurden 9 Runden nach Schweizer System bewältigt. Die Bedenkzeit je Spieler und Partie betrug dabei nur eine Stunde. Am Ende siegte Kerim Altinok (8,0 Punkte) vor seinem Bruder Selim Altinok (7,5 Punkte), Mumin Aksu (7,5 Punkte) und Suleyman Boztep (7,0 Punkte). Diese vier Spieler vertraten dann auch die Türkei beim Jubiläumsturnier des DBSB in Gelsenkirchen. Vom 12. - 14. August 2001 wurde in Framingham (Massachusetts) die Blindenschachmeisterschaft der USA ausgetragen. Es nahmen insgesamt 14 Spieler daran teil. Dabei konnte Jeff Siebrandt seinen Titel erfolgreich verteidigen. Er siegte vor Jay Leventhal. Für unser Verständnis von Schach mutet es etwas seltsam an, dass die Meisterschaft eines Landes wie der USA in sage und schreibe nur vier Runden nach Schweizer System ausgetragen wurde. Dazu passt auch die Tatsache, dass seit nunmehr über 20 Jahren kein Team und kein Einzelspieler der USA an Turnieren der IBCA (International Braille Chess Association) teilgenommen hat. Schach spielen im Internet Wer will kann auch im Internet Schach spielen. Dazu loggt (neudeutsch: man meldet sich an) man sich in einem der Spielzonen ein und sucht sich dort einen Partner. Es gibt einige Internet-Junkeys auch unter den Profis, die sich über das Netz die Züge um die Ohren hauen, oft unter Pseudonym, um unerkannt zu bleiben. Sogar Kasparov geht ab und zu ins Netzt, um sich abzureagieren. Beliebt sind dabei Partien mit kurzer Bedenkzeit, die härteste Disziplin ist das 1 Minuten Blitz - Weltmeister ist hier übrigens Roland Schmaltz aus Deutschland. Bei Partien mit Bedenkzeiten über fünf Minuten läuft man schon Gefahr, dass der Gegner sich von einem Computer helfen lässt. Blitzpartie gegen beratende Weltelite Gelegentlich passieren ganz witzige Geschichten. Anand erzählte folgende Anekdote: Vor zwei, drei Jahren spielten einige Spitzenprofis in Monaco bei dem Amberturnier von Joop van Oosteroom. Der holländische Fernschachspieler und Mäzen stellt jedes Jahr ein Feld aus internationalen und holländischen Spitzenspielern zusammen, die gegeneinander Blitz- und Blindpartien spielen. Auch Loek van Wely war in Monaco und spielte bei dem Turnier mit. An einem der Tage setzte er sich in der Spielpause an einen Rechner und spielte über das Internet Blitzpartien. Sein Gegner war ein Amateur aus Südamerika. Schnell fanden sich Zuschauer aus dem Turnierfeld ein schauten und Loek über die Schulter blickte. Wo einer steht, sind bald mehr. Im Nu hatten sich fast alle Teilnehmer des Turniers, Spieler wie Karpov, Ivanchuk oder Anand um Van Wely versammelt, der - wie gesagt - gegen einen Amateur blitzte. Natürlich schlug jeder auch Züge vor. Bald hatte der Schachfreund in Südamerika die erste Partie - nicht ganz überraschend - verloren. Auch in den nächsten Partien lief es gegen die versammelte Weltelite natürlich nicht besser. Nach ein paar Partien meldete er sich ab und schickte noch die Botschaft: "Sorry, bin heute nicht in Form" zu seinem Spielpartner. Er konnte ja nicht wissen, dass er gerade gegen eine Mannschaft aus TopTen- Spielern verloren hatte. Das Internetgespenst - "Guest"-ghost Sehr hartnäckig hält sich ein bestimmtes Gerücht, und vielleicht ist es gar keines, sondern die Wahrheit. Jemand loggt sich als Gast beim ICC (Internet Chess Club), bekommt dort die übliche Kennung (guest Nr.sowieso) und sucht sich dann starke Spielpartner, vorzugsweise IMs und GMs, gegen die er Blitzpartien spielt. So und nun kommt's: Er spielt die Partien nämlich nicht irgendwie, sondern eröffnet, wenn möglich fast immer auf die gleiche Weise: Mit Weiß: 1.f3, 2.c3 dann kommt der Königsmarsch Ke1-f2-e3-d3-c2. Erst dann spielt er normal weiter. Mit Schwarz entsprechend. Es ist so, als stünden sich zwei Schlachtreihen gegenüber, dann kommt der König rausgelaufen, streckt dem Gegner die Zunge raus und ruft: "Schieß' doch, schieß' doch...". Für diese Methode hat sich in der Szene bereits der Begriff "Suicide-chess" eingebürgert. Kaum einer der IMs und GMs hat eine Chance, die meisten Partien entscheidet der Guest. Bobby Fischer Es wird vermutet, dass Robert James Fischer, Weltmeister 1972-1975 hinter diesem Scherz steckt. Angeblich verweisen die IP-Adressen des "Guest"-Computers nach Ungarn und Österreich, wo er sich nachweislich aufgehalten haben soll. Gegenüber manchen Spielpartnern soll er im Chat Details genannt haben, die klar auf Fischer verweisen. Manche glauben, ein Computer steckt dahinter, allerdings ist unklar, welcher Computer solche Anfangszüge spielen würde, bzw. wie der Besitzer es schafft, das Programm so spielen zu lassen.