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Info-Mail Schach Nr. 168


Hallo schachfreunde,

bevor ab morgen die "Großen" in Moskau loslegen, um den Weltmeister der
FIDE zu ermitteln, wollen wir uns heute sozusagen "eine Etage tiefer"
umsehen.

Zu Beginn des Jahres 2002 ist es wohl sinnvoll, wieder einmal einen
Blick auf den Terminkalender zu werfen - und das natürlich aus der Sicht
der blinden und sehbehinderten Schachspieler. Dieser Terminkalender wird
übrigens auf meiner Homepage

http://www.schachkomet.de

ständig aktualisiert und auf dem Laufenden gehalten.

Danach gibt es dann noch etwas Lesestoff. Wir bringen einen
Stimmungsbericht von der Vorrunde zur deutschen Amateurmeisterschaft
(auch RAMADA-TREFF CUP genannt). Dies nicht nur, weil ich glaube, dass
der Bericht gut geschrieben ist, sondern auch deshalb, weil an diesem
Turnier ein sehbehinderter Schachspieler teilnimmt und der Berichterstatter
über ihn schreibt. Ich finde es immer ganz interessant zu erfahren, wie
blinde und sehbehinderte Schachspieler in der Öffentlichkeit wahrgenommen
werden.

Ich wünsche Euch viel Spaß beim Lesen der Nr. 168!

Es grüßt Euch herzlich
Toni aus Augsburg


                           Anstehende Termine

         Datum                 Ort                  Veranstaltung
18.01.2002 - 19.01.2002 Mündersbach       Offenes Aktivschachturnier
                                          Kontakt: Günter Thieme
03.02.2002 - 09.02.2002 Mühlhausen (Thür) DBSB Internationale Offene
                                          Deutsche Meisterschaft
                                          Kontakt: Werner Fries
07.03.2002 - 15.03.2002 Bad Wörishofen    Open und Seniorenturnier
28.03.2002 - 01.04.2002 Saulgrub          Offenes Osterschachturnier
                                          Kontakt: Aura-Hotel Saulgrub
19.04.2002 - 22.04.2002 Haaksbergen (NED) Internationales
                                          Integrationsturnier
                                          Datum kann evtl. Reisetag sein
21.05.2002 - 29.05.2002 Knüllwald         DBSB Kandidatenturnier
                                          Kontakt: Werner Fries
24.05.2002 - 26.05.2002 Knüllwald         Lehrgang Herrenkader
29.05.2002              Knüllwald         DBSB Delegiertenversammlung
08.09.2002 - 13.09.2002 Bad Liebenzell    DBSB Seniorenmeisterschaft
                                          Kontakt: Werner Fries
20.09.2002 - 29.09.2002 Istanbul (TUR)    IBCA Einzelweltmeisterschaft
11.10.2002 - 14.10.2002 Limerick (IRE)    Blindenschach-Open
                                          Kontakt: Peter Doyle
03.11.2002 - 07.11.2002 Hemsbach          DBSB Mannschaftsmeisterschaft
08.11.2002 - 09.11.2002 Hemsbach          DBSB Schnellschachmeisterschaft
08.11.2002 - 10.11.2002 York (ENG)        BCA International Autumn
                                          Tournament


1. Deutsche Amateurmeisterschaft

RAMADA-TREFF CUP 5^3
Hamburg 11.-13.1.2002
von Jörg Schulz

Die Geschichte vom Kampf um Leipzig

Bei den Qualifikationsturnieren der ersten Deutschen
Amateurmeisterschaft geht es ums Dabeisein, ums Mitmachen, um Freude
am Schach, es geht aber auch um Leipzig, ums Finale der besten 25 der
5 Vorturniere. Nicht jeder hat Leipzig im Hinterkopf, aber viele doch,
ob zugegeben oder nicht.

So konnte man zum Beispiel hier in Hamburg den Vater von Felix Klein
begrüßen, von dem Felix der sich in Brühl mit seinem zweiten Platz im
E-Turnier gleich fürs Finale qualifizieren konnte. Nun will der Vater
nicht bloß nur als Begleiter mit, nein er will ins Finale. Also wird's
noch mal probiert.

Auch Herr R. will nach Leipzig, aber irgendwie hat die Schachgöttin
Caissa sich gesagt, der nicht, oder das spar ich mir für Dresden auf.
In Brühl startete R. mit einer Niederlage. Gut kann passieren. War
aber nicht schlimm, denn es folgten vier Siege aus den folgenden vier
Spielen. Leipzig ich komme. Denkste, die 4/5 reichten gerade für den
9. Platz. Zwar hatte der Erste des B-Turnieres auch "nur" 4 Punkte,
wie der Zweite bis Achte auch, sie hatten aber alle eine bessere
Wertung. Also auf nach Aalen. Dort klappte es auch nicht, aber es gibt
ja noch Hamburg.

Gleich in der ersten Runde losten ihm der Computer und Swiss Chess den
Gegner aus der ersten Runde Brühl zu. Gar nicht dumm von den beiden
technischen Geistern, die Revanche steht an. R verliert jedoch und
startet wieder mit einer Null. Ob diesmal vier Punkte reichen? Das
wird sich R. gefragt haben, als er die zweite Runde siegreich hinter
sich gebracht hatte. Doch dann die Hiobsbotschaft. Sein zweiter Gegner
Dr. E. stellte fest, dass er selbst nun keine Chance auf Leipzig hat
und bricht das Turnier ab. Er will es in Hannover noch mal probieren.
R. hat nun ein Problem. Laut Reglement geht Dr. E. mit 0 Punkten in
die Wertung ein, da er vor der Hälfte des Turnieres das Turnier
abgebrochen hat. Das bedeutet für R.: Schon wieder eine schlechte
Wertzahl. Es sieht so aus, als ob R. es in Hannover noch mal versuchen
muss. Oh Schachgöttin Caissa, warum nur? Sie ganz schlüssig: "Es
spielen über eintausend Schachliebhaber die Amateurmeisterschaft mit,
da kann ich mein Füllhorn nicht über jeden ausschütten!" Ja aber, will
man einwenden und schweigt dann doch..., denn vielleicht hat sie sich
R. für Hannover oder Dresden ja doch vorgemerkt.

Die Geschichte von Björn Beilfuss

Wenn man durch den Turniersaal geht und in der E-Gruppe verweilt, hört
man ein Geklapper, als ob einer Schreibmaschine schreibt. Kann das
sein? Natürlich nicht. Oder doch, denn es wird eine Partie an Tisch 34
mitgeschrieben.

Dort spielt nämlich der sehbehinderte Björn Beilfuss vom Hamburger SK.
Er hat sein eigenes Brett und ein Gerät wie eine Schreibmaschine
daneben., mit dem er mit wenigen Tasten die Partie in der
Blindenschrift Braillle mitschreibt, also in einen dünnen Streifen
Papier Löcher stanzt. Das Brett ist ein Steckschach mit
gekennzeichneten schwarzen Figuren. Sie haben alle am Kopf einen
kleinen Metallstecker. Nur so lassen sich schwarze und weiße Figuren
für ihn unterscheiden.

Sein Gegner spielt am normalen Brett, neben dem auch die Uhr steht. Er
hat allerdings die Aufgabe, die Züge beider Parteien auf dem Brett zu
ziehen und die Uhr für beide zu drücken. Zudem muss er immer laut
seinen Zug in ausführlicher Notation seinem Gegner Björn ansagen.
Dieser setzt auf seinen Brett den Zug und dann fliegen fühlend,
tastend seiner Finger über das Brett, um die wirkliche Stellung mit
der Stellung in seinem Kopf zu kontrollieren. Er hält inne, überlegt,
überprüft mit den Finger noch einmal die Figurenstellung und sagt dann
laut seinen Zug an, der von seinem sehenden Gegenüber ausgeführt wird.
Björn ist an Nr. 44 in seiner Gruppe gesetzt. Trotzdem verlief das
Turnier für ihn heute besonders erfolgreich, denn er konnte beide
Partien gewinnen. In der zweiten Partie musste er ein schwieriges
Endspiel gewinnen. Und wenn man sich überlegt, wie wir uns alle doch
meistens schwer tun mit Endspielen, in denen man lange rechnen muss,
umso bewundernswerter die Leistung von Björn.

Es entspricht zudem auch der Philosophie der Amateurmeisterschaft,
dass Björn wie selbstverständlich in diesem Feld mitspielt. Man nimmt
nicht sonderlich Notiz von ihm, er bekommt nur etwas mehr Platz
eingeräumt und seinen Stammplatz, damit er nicht suchen muss. Schach
verbindet eben alle und man kann sich mit allen messen, auch wenn man
mit einer Behinderung zurecht kommen muss. Welcher Sport bietet das
noch?

Auftakt gelungen - neue Schallmauer fast durchbrochen!

Ramada-Treff Hotel in Hamburg Bergedorf: Im Foyer drängen sich die
Amateure, die am dritten Vorturnier für die 1. Deutsche
Amateurmeisterschaft teilnehmen möchten. Angemeldete und
Kurzentschlossene lassen sich erfassen und in die 5 Gruppen einteilen.
Zwischenzeitlich erfasste die Turnierleitung über 300 Teilnehmer. Ist
eine neue Schallmauer durchbrochen? Fast - denn abgerechnet wird erst
nach Meldeschluss und dann müssen leider immer noch um die zwanzig
angemeldete Teilnehmer gestrichen werden, die aufgrund von Krankheit
oder nicht genehmigten Urlaub nicht anreisen konnten. Aber auch die
letztlich gezählten 282 Teilnehmer sind absoluter Rekord dieser neuen
Turnierserie. Und wieder kommen sie aus allen Bundesländern, aus Nah
und Fern, hauptsächlich aber natürlich besonders stark aus dem
Hamburger Großraum. Ob das wohl auch daran liegen mag, dass die
norddeutschen Verbände es geschafft haben, diesen Termin für die
Amateurmeisterschaft von anderen Verbandsterminen frei zuhalten?

Am gestrigen Tag schwitzten die Organisatoren noch etwas, da noch
genau überlegt werden musste, wie die einzelnen Gruppen auf die
vorhandenen Quadratmeter aufzuteilen sind. Da in dem großen Hotel
gleichzeitig auch noch andere Veranstaltungen durchgeführt werden,
bereitete die Aufteilung tatsächlich einige Probleme. Sie konnten aber
gut gelöst werden. Und die erste Runde begann sogar nur mit einer
geringen Verzögerung. Der Vizepräsident des Deutschen Schachbundes
Siegfried Wölk begrüßte die Teilnehmer herzlich. Am Tag zuvor räumte
er noch ohne Schlips und Jacke die Tische und baute die Figuren auf,
denn er ist gleichzeitig auch Vorsitzender des örtlichen Vereines, der
dem DSB bei der Organisation zur Seite steht.

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