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Info-Mail Schach Nr. 204


Hallo Schachfreunde,

nachdem Ihr nun den ganzen August keine Info-Mail erhalten habt, ist es wieder an der Zeit, ein Lebenszeichen von mir und der Info-Mail zu erhalten.

Der Sommer und damit auch die Zeit, in der Schach etwas auf Sparflamme kocht, ist wohl langsam vorbei. Doch auch im August gab es ein medienwirksames Ereignis, von dem wir heute berichten wollen. In Mainz haben sich die "Chess-Classics" wohl endgültig etabliert. Diesmal u.a. mit dem "Duell der Grazien" zwischen Alexandra Kosteniuk und Elisabeth Pähtz.

Von diesem Match und den anderen Ereignissen könnt Ihr anschließend einen Bericht von Anna Dergachova-Daus lesen.

Ich möchte Euch noch darauf hinweisen, dass es im September auch wieder mit Turnieren aus dem Blindenschach weiter geht. Zunächst sind ab dem kommenden Samstag die Senioren in Bad Liebenzell an der Reihe. Am darauf folgenden Wochenende feiert der Blindenschachclub Stuttgart sein Jubiläum mit der "Internationalen Schwäbischen Schnellschachmeisterschaft" in Endersbach. Info-Mail Schach wird von beiden Ereignissen berichten.

Diese beiden Turniere bilden jedoch nur den Auftakt zu einem "heißen Herbst". Eine ganze Reihe von Veranstaltungen stehen im Blindenschach an. Wer sich mal vorab informieren möchte, schaut am besten auf meiner Homepage im Terminkalender nach.

http://www.schachkomet.de/termin.htm

Ich wünsche Euch viel Spaß beim Lesen

Euer Toni
aus Augsburg


Mainz Chess Classic 2002
14. - 18. August, Rheingoldhalle Mainz
Von Anna Dergachova-Daus

Der Marathon in Mainz ist nun vorbei. Für mich waren es 4 unvergessliche
Tage. Zum ersten Mal in meiner Praxis habe ich versucht, das Schachspiel,
Zuschauen und Pressearbeit miteinander zu verbinden. Was das Schachspiel
betrifft, bin ich fast zufrieden. In beiden Turnieren bin ich auf starke
Gegnerschaft getroffen (im Schnellschach waren es 4 GM, 2 IM und 2 FM), und
einige konnten sich davon überzeugen, dass ich nicht nur unfallfrei die
Figuren aufbauen, sondern auch die eine oder andere Partie gewinnen kann.

Männerschach/Frauenschach
Dabei wollen es die Männer nicht wahr haben, dass Frauen mit ihnen
mithalten, oder sie gar schlagen können. GM Michael Saltaev zog in einer
total abgeriegelten Remisposition mindestens 20 mal hin und her, bis er
endlich mit einem tiefen Seufzen in das Unentschieden einwilligte. IM Valeri
Bronznik bot mir mit zwei Minusbauern und der schlechteren Zeit remis an und
war sichtlich verärgert, da ich sein Angebot nicht zu schätzen wusste. GM
Robert Rabiega verlor gegen mich im Fischer-Schach und unterlag im normalen
Schnellschach meiner Freundin Natalia Kiseleva (die übrigens noch GM Raj
Tischbierek schlug). Seine Erklärungversuche sahen dann so aus, dass meine
Röcke zu kurz und die Oberteile zu eng waren. Doch mein alter Moskauer
Schul- und Mannschaftskamerad Vladimir Chuchelov ließ sich davon nicht
verwirren. "Wie in alten Zeiten im Pioneer-Palast" - bemerkte er und
überspielte mich im Endspiel souverän.

Mit meiner schlechten Zahl (2247) waren mir immer bessere Gegner sicher. Ein
einziges Mal wurde ich nach unten gelost und selbst da traf ich dann auf GM
Alexander Graf, der mit 4 aus 6 nicht so gut gestartet war. Er ließ auch
nichts anbrennen und gewann trotz aller meinen Bemühungen die Partie. Doch
wahrscheinlich hat auch er sich unsere Partie etwas einfacher vorgestellt
und lief danach eine ganze Weile nachdenklich im Saal herum und musste daran
sogar vom Schiedsrichter erinnert werden, das Ergebnis zu melden. Am Ende
hieß es für mich 6,5 aus 11 und damit der 3. Frauenpreis.

Bei den Frauen gewann Ketino Kachiani-Gersinska (7 aus 11) zusammen mit
Natalia Kiseleva (sie hat hochverdient auch die Gesamtwertung bei den Frauen
gewonnen). Das war es mit der eigenen Spielerei, das Zuschauen machte noch
mehr Spaß. Erstens war das Turnier super organisiert. Ich glaubte, dass es
bei 494 Teilnehmer am Ordix-Open eine ganze Weile dauern würde, bis die
Auslosung der jeweiligen Runde fertig ist. Doch weit gefehlt! Das Team von
Hans Walter Schmitt und seiner Ehefrau leistete hervorragende Arbeit. Nur
wenige Minuten nachdem das letzte Ergebnis gemeldet wurde, erklang die Musik
und damit wurden die Schachspieler erneut aufgefordert, sich an die Bretter
zu begeben. Die Übertragung von ChessGate funktionierte auch fehlerfrei und
bot somit den Zuschauern die Möglichkeit die ersten Bretter des Opens über
die riesigen Leinwände und Monitore zu verfolgen.

47 Großmeister, 31 Internationalen Meister und 37 Fide-Meister kamen nach
Mainz, um Schnellschach zu spielen. Die sehr guten Preise sorgten dafür,
dass jeder ein Stück vom Kuchen haben wollte, doch nur einer konnte
gewinnen! Aber auch für die Schachamateure gab es zahlreiche Rating- und
Sonderpreise zu gewinnen.
In diesem Jahr schaffte es der erster Sekundant von Ruslan Ponomariov, GM
Viorel Bologan, mit dem hervorragenden Resultat von 9,5 aus 11 den ersten
Preis in Höhe von 4.500 Euro nach Hause zu nehmen. Vor 2 Monaten ist er
Vater einer Tochter geworden und kann das Geld zur Zeit vermutlich sehr gut
gebrauchen.
Ebenfalls frisch gebackener Vater von Zwillingen wurde GM Peter Svidler und
belegte im Ordix-Open mit 9 Punkten den 4.Platz. Mit 18 Punkten gewann er
vor GM V.Bologan und D.Fridman die Gesamtwertung aus beiden Turnieren.
Der zweite Platz ging wieder nach Essen, dieses mal durch Igor Glek nach
Katernberg. Dritte wurde GM Evgeni Agrest.

Aber im Mittelpunkt standen natürlich die beide Duelle der Weltmeister und
der Grazien. Anand zeigte am letzten Tag noch einmal, dass "der Tiger von
Madras" seine Zähne noch nicht verloren hat und mit einem schönen
Figurenopfer in der letzten Partie entschied er das Match für sich.

Auch die deutsche Hoffnung Elisabeth Pähtz konnte die letzte Partie sehr
überzeugend gewinnen und damit ausgleichen. Seit einem Jahr trainiert sie
sehr intensiv mit Arthur Jussupow und ihr Spiel ist viel tiefer und reifer
geworden. "Ich brauche gegen Alexandra nur die Damen zu tauschen" - sagte
Elisabeth am Abend zuvor zu mir - "strategisch ist sie nämlich gar nicht
gut". "Du könntest auch etwas für dein Outfit tun, - erwiderte ich - "du
bist ja ein hübsches Mädchen mit einer guten Figur. Die brauchst du nicht zu
verstecken. Schließlich heißt es hier "Duell der Grazien". An deiner Stelle
hätte ich versucht, die Zuschauer davon zu überzeugen, dass du gegen die
"Kurnikova des Schachs" locker auftreten kannst."

Und wahrhaftig, meine Worte hatten zur Folge, dass Elisabeth sich von ihrem
damenhaften Anzug trennte und sich für ein glänzendes Top entschied. Aber
nicht nur ihr Top, sondern auch ihre schachliche Form war am letzten Abend
glänzend. Im Blitzschach behielt jedoch Alexandra Kosteniuk in der 3.
entscheidenden Partie die Nerven und gewann den Tiebreak mit 2:1.
Kommentatoren
Wie in Dortmund, so konnte man auch hier den Kommentaren der Großmeister
lauschen. Die Kommentare waren sachlich und gleichzeitig witzig, auf jeden
Fall nie langweilig. Doch die Kommentatoren waren in der Rheingoldhalle
außerdem noch Teilnehmer am Ordix-Open, und ich glaube, dass keiner von
ihnen mit seinem Ergebnis zufrieden war. GM Arthur Jussupow kam auf Platz
23, GM Eric Lobron auf Platz 41. So bleibt nur noch zu hoffen, dass den
Schachliebhabern auch im nächsten Jahr wieder eine große Show geboten wird.


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