nächste Ausgabe vorherige Ausgabe Übersicht
Newsletter abonnieren

Info-Mail Schach Nr. 240


Hallo Schachfreunde,
sensationeller Start in New York bei Kasparov - Deep Junior! Den
anschließenden Bericht, die Partie mit einigen Anmerkungen  und den Zeitplan
habe ich auf der Internetseite  www.chessbase.de gefunden. Dort gibt es auch
Hinweise zur Liveberichterstattung im Internet sowie alles rund um den
Wettkampf.
Aus Leimen grüßt
Herbert Lang

Kasparov gegen Deep Junior 1:0 - von André Schulz
Der Mensch-Maschine Wettkampf in New York begann mit einem Paukenschlag.
Gary Kasparow demonstrierte die Stärken des Menschen und zwang Deep Junior
mit Hilfe seiner überlegen geführten Strategie in nur 27 Zügen zur Aufgabe.
"Ich fand eine Schwachstelle in ihrer Vorbereitung. Nicht in der Maschine
selbst, sondern bei den Menschen dahinter," kommentierte der
Weltranglistenerste seinen Erfolg, für den er vom Publikum Standing Ovations
erhielt.
Das Deep Junior Team hatte die Auslosung gewonnen und sich für die erste
Partie die schwarzen Steine gewünscht. Ungewöhnlich, in einem Wettkampf
zwischen zwei Menschen hat jeder gerne Weiß in der ersten Partie und hofft,
den Gegner mit einem Sieg in der ersten Partie gleich in Zugzwang zu
bringen. Der so genannte "Anzugsvorteil" lässt sich auch statistisch
beweisen. In der ChessBase-Datenbank mit 2,7 Mio. Partien liegt die
Gewinnchance von Weiß bei etwa 55%.
Offenbar ist die Junior-Mannschaft aber mehr von den Return-Qualitäten ihres
Schützlings überzeugt als von der Aufschlag-Kraft. Deep Junior ein
Konterspieler?
Kasparov überraschte die Zuschauer gleich mit dem ersten Zug 1.d4.
Normalerweise bevorzugt er die Eröffnung mit dem Königsbauer 1.e4. Sicher
hat er sich zusammen mit seinem Sekundanten Dochojan auch das Eröffnungsbuch
von Deep Junior genau angesehen und fand es anscheinend aussichtsreicher,
die Geschlossenen Eröffnungen nach 1.d4 anzustreben.

Es entstand die Halbslawische Verteidigung, in der Kasparov eine
Anti-Meraner Variante mit 6.Dc2 spielte. Mit dem von Alexander Shabalov
stammenden Bauernopfer 7.g4 verschärfte er das Spiel. Nach dem neunten Zug
war Deep Junior überraschend aus dem Eröffnungsbuch, obwohl die Position
immer noch bekannt und schon gespielt war. Er brauchte 10 Minuten, um seinen
Zug 9...e5 zu errechnen.

Im 12. Zug wählte Kasparow die lange Rochade, was sehr gefährlich aussah.
Aber offenbar hatte der Weltranglistenerste sich seine Strategie gut
überlegt. Nach einer Abwicklung im Zentrum konnte er seinen Springer sehr
dominant mitten in der Stellung des Computers auf d6 positionieren. Alle
Kommentatoren waren sich einig, dass Kasparov danach überlegen stand. Etwas
überraschend "befreite" sich Junior mit Hilfe eines Qualitätsopferangebots,
das der Ex-Weltmeister gerne annahm. Doch die Hoffnung auf taktisches
Gegenspiel erfüllte sich für Deep Junior nicht. Bereits im 25.Zug sah
Großmeister Rainer Knaak Kasparov klar auf der Gewinnerstraße. Zwei Züge
später gab Deep Junior tatsächlich auf. "Unsere einzige Chance ist, normales
Schach zu spielen," gab Kasparov sein Erfolgsrezept preis.

In New York war einiges an Schachprominenz zu sehen. GM Maurice Ashly und GM
Yasser Seirawan kommentierten. GM William Lombardy (65), Spitzenspieler der
USA in den 50er Jahren war ebenso unter den Zuschauern wie Anna Hahn, die
frisch gebackene US-Meisterin, oder Joel Benjamin, der 1997 zum Deep Blue
gehörte und den Kasparov immer noch im Verdacht hat, in der ominösen zweiten
Partie auf unerlaubte Weise ins Geschehen eingegriffen zu haben.

Garry Kasparov - Deep Junior [D45] - 26.01.2003
[Anmerkungen Knaak/Schoen/Greengard/Schulz]

1.d4 d5 2.c4 c6 3.Sc3 Sf6 4.e3 e6 5.Sf3 Sbd7 6.Dc2 Ld6 7.g4 dxc4 8.Lxc4 b6
9.e4 e5 Junior war hier überraschenderweise aus dem Buch und brauchte 10
Minuten zum Berechnen dieses Zuges.
10.g5 Sh5 11.Le3 0-0 12.0-0-0 Dc7 13.d5 b5?! 14.dxc6 bxc4 15.Sb5!
Kasparov bleibt sich und seinem Stil treu und strebt das maximale Ergebnis
an
15...Dxc6 16.Sxd6
Kasparov würde diese Stellung gegen jeden Menschen gewinnen, auch gegen
einen Computer?
16...Lb7
Schwarz hofft auf Gegenspiel gegen den Bauern e4.
17.Dc3 Tae8?!
Gibt Turm für Springer, um den Bauern e5 zu halten. [17...Tab8 18.Sxe5 Sxe5
19.Dxe5 Da4 sieht besser aus.]
18.Sxe8 Txe8 19.The1 Db5 20.Sd2 Tc8 21.Kb1 Sf8 22.Ka1 Sg6 23.Tc1 La6 24.b3!
cxb3 25.Dxb3 Ta8 26.Dxb5 Lxb5 27.Tc7 1:0
Weiß steht überlegen, Deep Junior gab auf.

Zeitplan Kasparov gegen Deep Junior in New York -
Sonntag 26. Januar  – Freitag, den 7. Februar 2003
Zeitkontrolle 2 Stunden für die ersten 40 Züge, 1 Stunde für die nächsten 20
Züge, 30 Minuten für den Rest.
Spieltage:
Partie 1: Sonntag, 26. Januar
Partie 2: Dienstag, 28. Januar
Partie 3: Donnerstag, 30. Januar
Partie 4: Sonntag, 2. Februar
Partie 5: Mittwoch, 5. Februar
Partie 6: Freitag, 7. Februar
Partiebeginn 3:30 p.m. Ortszeit = 21:30 MEZ
Freitag, 7. Februar: Schlusszeremonie und Preisvergabe
Preisfond 1 Mio. Dollar, 500.000 Dollar Startgeld für Kasparov, 500.000
Dollar Preisgeld (300.000 Dollar für den Sieger, 200.000 Dollar für den
Verlierer, 250.000 für beide bei Remis.)
Schiedsrichter Geurt Gijssen

zurück zur Startseite

© 1998 - 2015 by Anton Lindenmair, Augsburg