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Info-Mail Schach Nr. 336


Hallo Schachfreunde,

über den Endstand an der Spitze bei der 10. Internationalen Offenen
Deutschen Blindenschachmeisterschaft in Saulgrub hat Euch Herbert Lang
bereits informiert. Eigentlich gibt es nicht viel mehr zu berichten und ich
werde mich im Wesentlichen auf die komplette Schlusstabelle beschränken, die
Ihr unten finden werdet. Am Ende dieser Mail findet Ihr dann noch ein wenig
Lesestoff.

Ein paar Anmerkungen zum Turnier seien mir aber dennoch gestattet. Wie
bereits von Herbert erwähnt, war die Remisquote diesmal sehr gering. Am Ende
endeten von den 77 Partien gerade mal 14 mit einem Unentschieden, das ist
eine Remisquote von etwa 18 %. Außergewöhnlich ist sicher auch, dass mehr
Partien mit den schwarzen Steinen gewonnen wurden. 29 Weißsiegen standen 34
Siege mit Schwarz gegenüber. Es blieb übrigens keiner der Teilnehmer
ungeschlagen.

Leider fand das Turnier diesmal völlig ohne internationale Beteiligung
statt. Das ist gerade für ein Jubiläumsturnier schade. Für die Tatsache,
dass es im Nachwuchsbereich des Blindenschach massive Probleme gibt liefert
der Umstand, dass der Sieger des ersten Turniers 1986 in Augsburg nach 18
Jahren auch das 10. Turnier gewinnen konnte einen weiteren Beweis.

Das Aura-Hotel in Saulgrub bot allen Teilnehmern gute Bedingungen und so
verlief das Turnier auch recht harmonisch. Die Harmonie wurde nur einmal
gestört, als sich ein Spieler, dessen Handy während der Partie klingelte,
mit dem Verlust der Partie abfinden musste. Das ist wohl ein Thema, das uns
noch geraume Zeit beschäftigen dürfte.

Ich wünsche Euch noch allen einen schönen Ostermontag und einen guten Start
in die neue Woche

Euer Toni
aus Augsburg

         Offene Internationale Deutsche Meisterschaft im Blindenschach
             vom 04.04.2004 - 10.04.2004 in Saulgrub (Oberbayern)

ENDERGEBNIS nach 7 Runden
                                                      Punkte  Buchholz
  1. Lindenmair Anton         Augsburg                5.5         30.0
  2. Kehl Reinhard            Halle (Saale)           5.0         28.5
  3. Drasch Robert            München                 5.0         27.5
  4. Joas Josef               Würzburg                5.0         27.0
  5. Stahl Alfred             Gersthofen              4.5         30.0
  6. Steinhart Matthias       Freiberg                4.5         26.5
  7. Fries Elisabeth          Gelsenkirchen           4.5         24.5
  8. Rother Wolfgang          Leipzig                 4.0         32.0
  9. Kuhlmann Hans-Peter      München                 4.0         30.5
 10. Kranz Werner             Hamburg                 4.0         25.5
 11. Pelz Erwin               Augsburg                4.0         20.0
 12. Fries Werner             Gelsenkirchen           3.5         27.0
 13. Ohms René                Hamburg                 3.5         24.0
 14. Kübel Hannelore          Köln                    3.5         23.5
 15. Holousch Maria           München                 3.0         21.5
 16. Hahnewald Uwe            Freiburg                3.0         18.5
 17. Holousch Erwin           München                 2.5         23.5
 18. Müller Uwe               Weil am Rhein           2.5         23.0
 19. Pollinger Johann         München                 2.5         21.5
 20. Nadj Georg               Waiblingen         R    2.5         21.0
 21. Dietsche Birgit          Böblingen               2.5         20.0
 22. Pelz Brigitte            Augsburg                2.5         17.5
 23. Lindenmair Marianne      Augsburg                1.5         19.0

Erster "Schachcomputer" von 1769 wieder da

Paderborn (dpa) - So gruselig kann Technik sein. Der Mann mit dem
Schnauzbart starrt ins Leere, während sich sein linker Arm zu den
Geräuschen eines schnarrenden Uhrwerks ungelenk über das Schachbrett
bewegt.

Die Hand im weißen Handschuh packt zu: Sie setzt den weißen Bauern auf
e4. Der Feldherr Napoleon, der Preußenkönig Friedrich II. und der
Schriftsteller Edgar Allan Poe waren alle verblüfft über das
technische Meisterwerk, das in Paderborn erstmals seit 150 Jahren
wieder der Öffentlichkeit zugänglich ist: der "Schachtürke" des
Erfinders Wolfgang von Kempelen (1734-1804).

Das Heinz Nixdorf MuseumsForum - das größte Computermuseum der Welt -
ließ den 1854 verbrannten Automaten wieder neu bauen. Rund 70 Jahre
rätselte die feine Gesellschaft Europas über das Geheimnis des damals
berühmtesten Automaten der Welt. Der grimmig blickende Schachtürke mit
Fes-Hut und orientalischer Kleidung schlug fast jeden Gegner.
"Napoleon wollte ihn provozieren und machte blödsinnige Züge",
erläutert Museumssprecher Andreas Stolte. "Da stellte der Automat die
Figuren zunächst wieder richtig hin. Als Napoleon wieder
Täuschungsmanöver machte, fegte der Schachtürke die Figuren vom
Tisch." Dem großen Feldherrn habe das imponiert.

Früh kamen Gerüchte auf, ein Zwerg sitze im Inneren. Doch von Kempelen
konnte Zweifler schnell ruhig stellen. Sein Diener zeigte stolz die
leeren Hohlräume unter dem Spielbrett. Nur ein Gewirr von Zahnrädern
und technischen Instrumenten war sichtbar. Vorne und hinten, rechts
und links wurden die Türen geöffnet. Also auch keine Spiegeltricks.
Die Wahrheit ist deutlich komplizierter, erzählt Bernhard Fromme. Er
muss es wissen, denn er hat den wunderlichen Apparat anhand weniger
Stiche und zeitgenössischer Beschreibungen mühsam neu erbaut.

Tatsächlich steckte in dem 1,50 Meter breiten, 95 Zentimeter hohen und
90 Zentimeter tiefen Nussbaumholzkasten ein Mensch. "Von Kempelen
engagierte ausgezeichnete Schachspieler, die fast alle das Geheimnis
wahrten", sagt Stolte. Dank einer beweglichen Trennwand rutschte der
Steuermann der Maschine zwischen linker und rechter Kammer des
Unterbaus hin und her und verbarg sich beim Öffnen vor den Blicken der
Zuschauer. Das wäre nicht weiter spektakulär: "Darüber hinaus hat von
Kempelen ein technisches Meisterwerk entworfen", sagt Fromme.

"Im Inneren gibt es ein ausklappbares zweites Schachbrett", erläutert
er. Mit Hilfe ausgeklügelter Mechanik übertragt ein so genannter
Pantograph per Hebelmechanik jeden Zug, den der Bediener der Maschine
auf dem kleinen versteckten Brett macht, nach oben. Was sich über
seinem Kopf tut, sieht er dank magnetischer Stifte unter dem
offiziellen Spielfeld. Die Figuren sind mit Magneten versehen. Wie
eine Marionette folgt die exotische Puppe jeder Bewegung.

Auch die rechte Inszenierung gehörte zum Erfolgsrezept des Apparats,
sagt Stolte. Mit Finten und Täuschungsmanövern sei das Publikum von
Schwächen der Illusion abgelenkt wurden. Links und rechts wurden
Kandelaber aufgestellt. In dem schummrigen Licht der damaligen Zeit
fiel beim Spektakel auch nicht auf, dass im Kopf der Puppe ein Kamin
war, der den Rauch der Öllampe des versteckten Spielers im Inneren
ableitete.

Bis zum Tod des Wolfgang von Kempelen wurde das Geheimnis des
"Schachtürken" nie gelüftet - und darübber hinaus erlebte der Apparat
noch eine zweite Blüte unter anderem am New Yorker Broadway. Doch um
1840 war die Zeit des Automaten vorbei. "Es war das Industriezeitalter
mit Dampfloks und moderner Technik angebrochen", sagt Stolte.
Schließlich wurde der Automat eine Jahrmarktattraktion, deren
Geheimnis für einen lumpigen Dollar gelüftet wurde. 1854 fiel er einem
Museumsbrand zum Opfer.

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