Hallo Schachfreunde, zwei Berichte von Länderkämpfen aus dem Blindenschach kann ich Euch heute anbieten. Willi Bolliger und Ewald Heck haben mir dankenswerterweise die Ergebnisse zukommen lassen. Am Ende folgt dann noch ein Stimmungsbericht von der "Dannemann-WM" in Brissago (Schweiz). Bevor ich mich nun von Euch verabschiede noch ein paar Worte in eigener Sache. Wie Ihr sicher schon bemerkt habt, kommt diese Info-Mail Schach von einer anderen Absenderadresse. In Zukunft werden die Ausgaben die aus Augsburg versandt werden immer von der Adresse infomail@schachkomet.de kommen. Auch meine Homepage, auf der es viele Ergebnisse und Informationen über das Blindenschach gibt ist umgezogen. Die neue Adresse lautet: http://www.schachkomet.de/ Dort wird u. a. natürlich auch der Blindenschach-Terminkalender ständig auf dem neuesten Stand gehalten. Ein schönes Wochenende wünscht Toni aus Augsburg Länderkampf Schweiz - Südwestdeutschland (von Willi Bolliger) In Richenthal fand der traditionelle Wettkampf gegen Südwest statt. Schweiz - Südwest 6 : 10 (4 : 4) Die Einzelergebnisse Fritz Bolliger - Martin Recker 0 : 2 Ruth Engler - Heinrich Traub 0 : 2 Willi Bolliger - Gerd Herrma 0,5 : 1,5 Joseph Camenzind - Roland Keller 1 : 1 Hans-Ueli Willi - Albert Keller 0,5 : 1,5 Werner Studer - Birgit Dietsche 2 : 0 Kurt Flückiger - Winfried Specht 1 : 1 Marianne - Castella - Monika Traub 1 : 1 Jeder spielte 2 Partien. Bei Südwest spielte für den wegen Hexenschuss aussfallenden Georg Nadj Roland Keller mit. 3-Ländercup NRW - Belgien - Holland am 25.-26.09.2004 (von Ewald Heck) Am Wochenende vom 25. - 26. September 2004 hatte der Bezirk West des DBSB zum traditionellen Länderkampf zwischen Belgien, Holland und 2 NRW-Vertretungen nach Aachen eingeladen. Durch Absagen eigener Spieler waren die Gastgeber spielerisch und personell geschwächt angetreten. Bezirksleiter Günther Thieme (Essen), der das Turnier leitete, begrüßte am Samstagmittag die Gäste und 13 NRW-Spieler. Aufgrund der geringen Mannschaftsstärke von NRW wurde kurzerhand die Mannschaftsstärke auf 7 Spieler pro Team reduziert. Es wurden am Samstag zwei Partien mit einer verkürzten Bedenkzeit ausgetragen. Am Sonntagvormittag folgte dann die dritte und letzte Runde. Am Abend trafen sich alle Teilnehmer zu einer gemütlichen Runde in einer nahe gelegenen Gaststätte. Die Geselligkeit genießt bei diesen Länderkämpfen stets eine gewichtige Rolle. Abschluss der Veranstaltung war am Sonntagmittag das gemeinsame Mittagessen im Hotel. Bei der Siegerehrung verkündete Günther Thieme folgenden Tabellenstand: 1. NRW I 6 : 0 2. Belgien 4 : 2 3. Holland 2 : 4 4. NRW II 0 : 6 Neue Zürcher Zeitung - Brissago, Ende September ½Ein interessantes Nischenprodukt» Wieso die Weltmeisterschaft im klassischen Schach Anklang bei den Sponsoren findet Im Tessin herrscht Hochbetrieb. Die Züge zwischen Bellinzona und Locarno sind gut besetzt. Die nebligen Herbsttage im Norden der Schweiz steigern die Attraktivität der sonnenverwöhnten Region. Im Bus zwischen Locarno und Brissago, der die kurvenreiche Strecke in Rekordzeit zurücklegt, sitzen wanderfreudige Rentner. Im Centro Dannemann, unmittelbar am Lago Maggiore gelegen, befinden sich hingegen zwei Noch-nicht- Dreißigjährige auch ohne Bewegungstherapie unter Hochspannung: Der Russe Wladimir Kramnik und sein ungarischer Herausforderer Peter Leko spielen am Donnerstag zum vierten Mal gegeneinander - und nach 14 Partien soll der Weltmeister im klassischen Schach ermittelt sein. Noch bis Mitte Oktober leisten die beiden langwierige Denkarbeit. Der Hauptsponsor als WM-Organisator Organisiert wird der Titelkampf aber nicht vom Weltverband Fide, sondern vom Aargauer Tabakunternehmen Burger Söhne. Letzteres engagiert sich mit dem 1988 übernommenen Markennamen Dannemann als Hauptsponsor. Als Veranstalter tritt der die Öffentlichkeit eher meidende Familienkonzern deshalb auf, weil alle Rechte an der WM eben nicht der Fide, sondern dem jeweiligen Schachweltmeister (Kramnik) gehören. Die Fide allerdings anerkennt den Titel nicht. Diese ½klassische Weltmeisterschaft» spaltete sich 1993 unter dem damaligen Titelhalter Garri Kasparow vom Weltschachbund ab (NZZ 22. 9. 2004). Es handelt sich aber nach wie vor um den prestigeträchtigsten Titel im Schachsport. Dieses Prestige ist im 2002 erstellten Centro Dannemann, in dem Kultur-, aber auch Firmenanlässe durchgeführt werden, auf Schritt und Tritt spürbar. In den unteren Stockwerken der 1847 gegründeten, 1999 von Burger Söhne übernommenen und mit viel Detailliebe renovierten Fabbricca Tabacchi Brissago wird weiterproduziert (rund 38 Millionen Zigarren im Jahr), und darüber wird Schach als Teil der unternehmenseigenen Marketingstrategie regelrecht zelebriert. Zur Eröffnung der WM kamen Bundesrat Moritz Leuenberger und Altbundesrat Flavio Cotti; überall stehen Grossbildschirme, auf denen die Partien verfolgt werden können. Und in den weitläufigen Räumlichkeiten mit freiem Blick auf den Lago Maggiore muss auch aufs Rauchen nicht verzichtet werden - den Schachspielern allerdings ist dies während der Partien seit etlichen Jahren untersagt. Früher sei es noch gang und gäbe gewesen, dass rauchende Spieler ihre Gegner eingenebelt hätten, um deren Konzentration zu stören, sagt Michael Hochstrasser, der Coach der Schweizer Schach-Nationalequipe. Er bemüht sich im Tessin zusammen mit seinen Verbandskollegen, dem Schachsport mehr Gehör zu verschaffen. Titelkampf auf ½neutralem» Boden ½Schach ist ein interessantes Nischenprodukt», sagt Carsten Hensel, der Manager der zwei Kontrahenten am Schachbrett, der für Kramnik auch die Vertragsverhandlungen der WM geführt hat. Interessenten, den Anlass zu veranstalten, gab es genügend, namentlich die Stadtregierungen Moskaus, Budapests und Belgrads. Sie wären wohl ebenfalls in der Lage gewesen, das Preisgeld (eine Million Franken) bereitzustellen. Trotz der Annahme, dass das Zuschauerinteresse in Budapest oder in Moskau um ein Vielfaches grösser gewesen wäre, entschied sich Hensel aber nach Absprache mit den Schachgroßmeistern zugunsten des Angebots aus dem Tessin. Dem Hauptsponsor wurden für eine nicht genannte Summe alle Rechte an der Veranstaltung abgetreten, also auch die Fernseh- und Vermarktungsrechte. Dabei scheint nicht allein die finanzielle Perspektive relevant gewesen zu sein; auch der Umstand, mit Brissago einen ½neutralen» Ort zur Auswahl gehabt zu haben, war von Bedeutung. Das heißt, dass weder Kramnik noch Leko, die beide in Ascona im gleichen Hotel wohnen, einen Standortvorteil besitzen. Auf Sponsorenseite sieht Hans Leusen, der Repräsentant des Hauptsponsors, Schach als geeignetes Mittel, die Tradition des Schweizer Unternehmens zu betonen. Die Gesundheitsgefährdende Wirkung von Rauchen wird zwar nicht in Frage gestellt; Leusen sieht dennoch kein Problem, mit Tabak einen direkten Bezug zum Sport herzustellen. ½Wir lieben das Leben», sagt er. Wie er das wohl meint? Einschaltquoten fast wie im Fußball Hensel verschweigt nicht, dass auch langfristige Überlegungen den Entscheid zugunsten von Brissago beeinflusst hätten. Er verspricht sich von der Partnerschaft mit dem Hauptsponsor für die Entwicklung des Schachsports nämlich einiges. Denn nach wie vor ist es so, dass nur die Topspieler von ihrer Arbeit am Brett leben können. Ein Mann wie Kramnik, dessen Begabung marketingmäßig im Genuss- und Luxusgüterbereich auf großes Interesse stößt - ½in Russland hat Schach nahezu Einschaltquoten wie ein Fußballspiel» -, verdient Millionen. Die Nummer 20 hat es schon bedeutend schwerer, den Lebensunterhalt mit Schach zu verdienen. Und wenn man realisiert, welchen Aufwand die beiden Gegenspieler allein schon in der Vorbereitung auf die laufende Begegnung leisten mussten, ist auch das Preisgeld - 600 000 Franken für den Sieger, 400 000 Franken für den Unterlegenen - nicht übertrieben hoch. Der Manager spricht von drei Phasen, die sich über sechs Monate erstreckten. Von den vielen Sekundanten - im Aufgebot für die WM sind je drei Spitzenspieler, die nachts an den Problemen des Vortags arbeiten - wurden in Phase drei allerlei Eröffnungen durchgespielt, damit Kramnik und Leko nicht zu früh zu viel Energie verlieren. ½Es geht im Weiteren darum, physische und psychische Stabilität zu gewinnen», sagt Hensel. Er fügt an, dass sowohl der Russe (dank Schwimmtraining) als auch der Ungar (Krafttraining) körperlich in Topform seien. In psychologischer Hinsicht sieht er dagegen keinen großen Handlungsbedarf. Allerdings deutete sich im Fall von Leko schon in der ersten Partie an, dass er mentale Schwächen zu haben scheint. Andererseits könnten sich derartige kapitale Fehler auch positiv auf den weiteren Verlauf der Schach-WM auswirken: ½Leko ist stark, wenn er unter Druck steht», sagt Hensel.