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Info-Mail Schach Nr. 372


    Hallo Schachfreunde,

zwei Berichte von Länderkämpfen aus dem Blindenschach kann ich Euch heute
anbieten. Willi Bolliger und Ewald Heck haben mir dankenswerterweise die
Ergebnisse
zukommen lassen. Am Ende folgt dann noch ein Stimmungsbericht von der
"Dannemann-WM" in Brissago (Schweiz).

Bevor ich mich nun von Euch verabschiede noch ein paar Worte in eigener
Sache. Wie Ihr sicher schon bemerkt habt, kommt diese Info-Mail Schach von
einer
anderen Absenderadresse. In Zukunft werden die Ausgaben die aus Augsburg
versandt werden immer von der Adresse

infomail@schachkomet.de

kommen. Auch meine Homepage, auf der es viele Ergebnisse und Informationen
über das Blindenschach gibt ist umgezogen. Die neue Adresse lautet:

http://www.schachkomet.de/

Dort wird u. a. natürlich auch der Blindenschach-Terminkalender ständig auf
dem neuesten Stand gehalten.

Ein schönes Wochenende wünscht
Toni aus Augsburg

Länderkampf Schweiz - Südwestdeutschland
(von Willi Bolliger)

In Richenthal fand der traditionelle Wettkampf gegen Südwest statt.

Schweiz - Südwest 6 : 10 (4 : 4)
Die Einzelergebnisse
Fritz Bolliger - Martin Recker 0 : 2
Ruth Engler - Heinrich Traub 0 : 2
Willi Bolliger - Gerd Herrma 0,5 : 1,5
Joseph Camenzind - Roland Keller 1 : 1
Hans-Ueli Willi - Albert Keller 0,5 : 1,5
Werner Studer - Birgit Dietsche 2 : 0
Kurt Flückiger - Winfried Specht 1 : 1
Marianne - Castella - Monika Traub 1 : 1
Jeder spielte 2 Partien. Bei Südwest spielte für den wegen Hexenschuss
aussfallenden Georg Nadj Roland Keller mit.

3-Ländercup NRW - Belgien - Holland
am 25.-26.09.2004
(von Ewald Heck)

Am Wochenende vom 25. - 26. September 2004 hatte der Bezirk West des DBSB
zum traditionellen Länderkampf zwischen Belgien, Holland und 2
NRW-Vertretungen
nach Aachen eingeladen. Durch Absagen eigener Spieler waren die Gastgeber
spielerisch und personell geschwächt angetreten.

Bezirksleiter Günther Thieme (Essen), der das Turnier leitete,  begrüßte am
Samstagmittag die Gäste und 13 NRW-Spieler.

Aufgrund der geringen Mannschaftsstärke von NRW wurde kurzerhand die
Mannschaftsstärke auf 7 Spieler pro Team reduziert. Es wurden am Samstag
zwei Partien
mit einer verkürzten Bedenkzeit ausgetragen. Am Sonntagvormittag folgte dann
die dritte und letzte Runde.

Am Abend trafen sich alle Teilnehmer zu einer gemütlichen Runde in einer
nahe gelegenen Gaststätte. Die Geselligkeit genießt bei diesen Länderkämpfen
stets
eine gewichtige Rolle.

Abschluss der Veranstaltung war am Sonntagmittag das gemeinsame Mittagessen
im Hotel. Bei der Siegerehrung verkündete Günther Thieme folgenden
Tabellenstand:

1. NRW I   6 : 0
2. Belgien 4 : 2
3. Holland 2 : 4
4. NRW II  0 : 6

Neue Zürcher Zeitung - Brissago, Ende September
½Ein interessantes Nischenprodukt»
Wieso die Weltmeisterschaft im klassischen Schach Anklang bei den Sponsoren
findet

Im Tessin herrscht Hochbetrieb. Die Züge zwischen Bellinzona und Locarno
sind gut besetzt. Die nebligen Herbsttage im Norden der Schweiz steigern die
Attraktivität der sonnenverwöhnten Region. Im Bus zwischen Locarno und
Brissago, der die kurvenreiche Strecke in Rekordzeit zurücklegt, sitzen
wanderfreudige Rentner. Im Centro Dannemann, unmittelbar am Lago Maggiore
gelegen, befinden sich hingegen zwei Noch-nicht- Dreißigjährige auch ohne
Bewegungstherapie unter Hochspannung: Der Russe Wladimir Kramnik und sein
ungarischer Herausforderer Peter Leko spielen am Donnerstag zum vierten Mal
gegeneinander - und nach 14 Partien soll der Weltmeister im klassischen
Schach ermittelt sein. Noch bis Mitte Oktober leisten die beiden langwierige
Denkarbeit.
Der Hauptsponsor als WM-Organisator
Organisiert wird der Titelkampf aber nicht vom Weltverband Fide, sondern vom
Aargauer Tabakunternehmen Burger Söhne. Letzteres engagiert sich mit dem
1988 übernommenen Markennamen Dannemann als Hauptsponsor. Als Veranstalter
tritt der die Öffentlichkeit eher meidende Familienkonzern deshalb auf, weil
alle Rechte an der WM eben nicht der Fide, sondern dem jeweiligen
Schachweltmeister (Kramnik) gehören. Die Fide allerdings anerkennt den Titel
nicht. Diese ½klassische Weltmeisterschaft» spaltete sich 1993 unter dem
damaligen Titelhalter Garri Kasparow vom Weltschachbund ab (NZZ 22. 9.
2004). Es handelt sich aber nach wie vor um den prestigeträchtigsten Titel
im Schachsport.
Dieses Prestige ist im 2002 erstellten Centro Dannemann, in dem Kultur-,
aber auch Firmenanlässe durchgeführt werden, auf Schritt und Tritt spürbar.
In den unteren Stockwerken der 1847 gegründeten, 1999 von Burger Söhne
übernommenen und mit viel Detailliebe renovierten Fabbricca Tabacchi
Brissago wird weiterproduziert (rund 38 Millionen Zigarren im Jahr), und
darüber wird Schach als Teil der unternehmenseigenen Marketingstrategie
regelrecht zelebriert.
Zur Eröffnung der WM kamen Bundesrat Moritz Leuenberger und Altbundesrat
Flavio Cotti; überall stehen Grossbildschirme, auf denen die Partien
verfolgt werden können. Und in den weitläufigen Räumlichkeiten mit freiem
Blick auf den Lago Maggiore muss auch aufs Rauchen nicht verzichtet werden -
den Schachspielern allerdings ist dies während der Partien seit etlichen
Jahren untersagt. Früher sei es noch gang und gäbe gewesen, dass rauchende
Spieler ihre Gegner eingenebelt hätten, um deren Konzentration zu stören,
sagt Michael Hochstrasser, der Coach der Schweizer Schach-Nationalequipe. Er
bemüht sich im Tessin zusammen mit seinen Verbandskollegen, dem Schachsport
mehr Gehör zu verschaffen.
Titelkampf auf ½neutralem» Boden
½Schach ist ein interessantes Nischenprodukt», sagt Carsten Hensel, der
Manager der zwei Kontrahenten am Schachbrett, der für Kramnik auch die
Vertragsverhandlungen der WM geführt hat. Interessenten, den Anlass zu
veranstalten, gab es genügend, namentlich die Stadtregierungen Moskaus,
Budapests und Belgrads. Sie wären wohl ebenfalls in der Lage gewesen, das
Preisgeld (eine Million Franken) bereitzustellen. Trotz der Annahme, dass
das Zuschauerinteresse in Budapest oder in Moskau um ein Vielfaches grösser
gewesen wäre, entschied sich Hensel aber nach Absprache mit den
Schachgroßmeistern zugunsten des Angebots aus dem Tessin.
Dem Hauptsponsor wurden für eine nicht genannte Summe alle Rechte an der
Veranstaltung abgetreten, also auch die Fernseh- und Vermarktungsrechte.
Dabei scheint nicht allein die finanzielle Perspektive relevant gewesen zu
sein; auch der Umstand, mit Brissago einen ½neutralen» Ort zur Auswahl
gehabt zu haben, war von Bedeutung. Das heißt, dass weder Kramnik noch
Leko, die beide in Ascona im gleichen Hotel wohnen, einen Standortvorteil
besitzen. Auf Sponsorenseite sieht Hans Leusen, der Repräsentant des
Hauptsponsors, Schach als geeignetes Mittel, die Tradition des Schweizer
Unternehmens zu betonen. Die Gesundheitsgefährdende Wirkung von Rauchen wird
zwar nicht in Frage gestellt; Leusen sieht dennoch kein Problem, mit Tabak
einen direkten Bezug zum Sport herzustellen. ½Wir lieben das Leben», sagt
er. Wie er das wohl meint?
Einschaltquoten fast wie im Fußball
Hensel verschweigt nicht, dass auch langfristige Überlegungen den Entscheid
zugunsten von Brissago beeinflusst hätten. Er verspricht sich von der
Partnerschaft mit dem Hauptsponsor für die Entwicklung des Schachsports
nämlich einiges. Denn nach wie vor ist es so, dass nur die Topspieler von
ihrer Arbeit am Brett leben können. Ein Mann wie Kramnik, dessen Begabung
marketingmäßig im Genuss- und Luxusgüterbereich auf großes Interesse
stößt - ½in Russland hat Schach nahezu Einschaltquoten wie ein
Fußballspiel» -, verdient Millionen. Die Nummer 20 hat es schon bedeutend
schwerer, den Lebensunterhalt mit Schach zu verdienen. Und wenn man
realisiert, welchen Aufwand die beiden Gegenspieler allein schon in der
Vorbereitung auf die laufende Begegnung leisten mussten, ist auch das
Preisgeld - 600 000 Franken für den Sieger, 400 000 Franken für den
Unterlegenen - nicht übertrieben hoch.
Der Manager spricht von drei Phasen, die sich über sechs Monate erstreckten.
Von den vielen Sekundanten - im Aufgebot für die WM sind je drei
Spitzenspieler, die nachts an den Problemen des Vortags arbeiten - wurden in
Phase drei allerlei Eröffnungen durchgespielt, damit Kramnik und Leko nicht
zu früh zu viel Energie verlieren. ½Es geht im Weiteren darum, physische und
psychische Stabilität zu gewinnen», sagt Hensel. Er fügt an, dass sowohl der
Russe (dank Schwimmtraining) als auch der Ungar (Krafttraining) körperlich
in Topform seien. In psychologischer Hinsicht sieht er dagegen keinen
großen Handlungsbedarf. Allerdings deutete sich im Fall von Leko schon in
der ersten Partie an, dass er mentale Schwächen zu haben scheint.
Andererseits könnten sich derartige kapitale Fehler auch positiv auf den
weiteren Verlauf der Schach-WM auswirken: ½Leko ist stark, wenn er unter
Druck steht», sagt Hensel.

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