77. Einzelmeisterschaft des DSB in Osterburg Die 5. Runde der Deutschen Meisterschaft in Osterburg brachte dem Vertreter des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenschachbunds (DBSB) leider kein Glück. Mit den schwarzen Steinen spielend geriet Dieter Bischoff in einer Sizilianischen Verteidigung in einen heftigen Angriff, den er zwar zunächst überlebte, aber letztlich nur in ein verlorenes Endspiel abwickeln konnte. So musste er seinem Gegner Eduard Schunk (Elo 2349) den Punkt überlassen. Dieters Gegner spielt beim Zweitbundesligisten TSV Bindlach Aktionär, der vermutlich in dieser Saison den Aufstieg in die Bundesliga schaffen wird und ist nicht mit dem Leipziger FM Thomas Schunk zu verwechseln. Während ich diese Zeilen schreibe, sitz Dieter schon wieder am Brett - oder hat er gar schon seine Partie der Runde 6 beendet? Heute geht es gegen Andreas Basilius Gikas vom Godesberger SK. Am Montag, nach der 4. Runde hat der Öffentlichkeitsreferent des DSB Klaus-Jörg Lais Dieter interviewt. Das Interview findet Ihr am Ende der Mail. Davor noch ein Bericht über die Situation an der Tabellenspitze, den ich bei Chessgate gefunden habe. Anton Lindenmair Schunk,Eduard (2345) - Bischoff,Dieter (2145) [B50] Osterburg (5.18), 2006 1. e4 c5 2. Sf3 d6 3. c3 Sf6 4. Le2 Lg4 5. 0-0 e6 6. h3 Lh5 7. d3 Le7 8. Lf4 0-0 9. Sbd2 Sc6 10. Lh2 e5 11. a4 a6 12. Sc4 b5 13. Se3 Lxf3 14. Lxf3 Db6 15. axb5 axb5 16. Db3 Tfb8 17. g4 Db7 18. g5 Se8 19. h4 Sc7 20. Lg4 Sa5 21. Dc2 b4 22. c4 Se6 23. f4 exf4 24. Sd5 Sc6 25. Tad1 Scd4 26. Df2 Lf8 27. Lxf4 Sxf4 28. Dxf4 Se6 29. Dg3 Ta2 30. Td2 Tba8 31. Dh3 Sd4 32. Tdf2 Ta1 33. Lh5 Txf1+ 34. Dxf1 g6 35. Sf6+ Kh8 36. Sxh7 Lg7 37. Txf7 Dc8 38. Txg7 gxh5 39. Tf7 Dg4+ 40. Kh2 Dxh4+ 41. Dh3 Sf3+ 42. Txf3 Dxh3+ 43. Kxh3 Kxh7 44. Kh4 Kg7 45. Tf2 Ta1 46. Kxh5 Td1 47. Tf3 Tb1 48. Tf6 Txb2 49. Txd6 Th2+ 50. Kg4 b3 51. Kf5 b2 52. Td7+ Kf8 53. Tb7 Td2 54. Kf6 Tf2+ 55. Ke6 Td2 56. e5 1-0 5.Runde: Die Spitze rückt zusammen (Quelle: Chessgate) Nach der 5.Runde ist die Spitze bei der Deutschen Einzelmeisterschaft in Osterburg zusammengerückt. Von Platz 1 bis Platz 10 gibt es nur einen halben Punkt Unterschied. Vorne weiterhin Igor Khenkin und Leonid Kritz. Positive Überraschungen bisher Christian Köpke/München und Thomas Henrichs/Dortmund (auf GM-Norm-Kurs), beide mit 3,5 aus 5. Dieter Bischoff im Portrait - Blindenschach (von Klaus-Jörg Lais) Naja, mit den Überschriften ist das so eine Sache. Klar, ist es Teil der Meisterschaften, wenn man einen Teilnehmer interviewt, andererseits spricht der Inhalt klar für Belange des Blindenschachbundes. Schauen Sie halt selbst mal rein.... Während der DEM hatte ich Gelegenheit, Dieter Bischoff kennenzulernen und mit ihm über die Meisterschaften, die Begegnung zwischen Blinden und Sehenden, sowie über das Handicap zu reden, mit dem der sympathische Heidelberger Tag für Tag lebt. Hallo Herr Bischoff, schön, dass Sie sich so kurz nach Ihrer Partie Zeit für mich nehmen. Wie isses gelaufen? Naja, nicht so recht zufrieden stellend, aber ein Remis ist es geworden. Aber ich hab zuerst mal ne Frage an Sie: Sie kennen Toni sehr gut?! Toni? Ah, Anton Lindenmair, ja. Sozusagen der Pressereferent des Blindenschachbundes. Wir haben sehr guten Kontakt zueinander, zumindest auf schriftlicher Basis, da ich mich auch mit meinen Kollegen in den Ländern gern austausche. So suchte ich den Kontakt zu "Toni" und seitdem kriege ich viele Nachrichten, von denen ich die meisten veröffentliche. Toni macht eine ganz tolle Arbeit! Und er ist ein ganz, ganz Lieber. Wir sind wirklich sehr froh, dass wir ihn und sein Engagement haben. Er hat mir auch vom guten Kontakt erzählt und freuen uns über den verbesserten Austausch, wie er sich seit Ihrem Amtsantritt entwickelt hat. Das hört man gerne. Auch jetzt kriege ich jeden Tag eine Nachricht über das Abschneiden Dieter Bischoffs. Ja, wir telefonieren täglich während der DEM und kennen uns schon lange. Wohnen Sie auch in Augsburg? Ich selbst bin aus Düsseldorf, aber wohne in Heidelberg, Toni und auch seine Frau Marianne habe ich über den Blindenschachbund kennengelernt. Wir kennen und schon mehr als 20 Jahre. Das Bild, das wir hier sehen, vor diesem absurden "Vorsicht Blinde! "-Verkehrsschild, wo ist das entstanden? Das war in der Nähe eines Hotels während eines Seminars, dass ich vor Jahren besuchte. Das sieht grotesk aus. Naja, es war natürlich gut gemeint, aber wenn man das so zusammen sieht, ist das schon absurd, das stimmt. Es ist auf meiner Homepage http://www.schach64.de zu sehen. Sie haben eine eigene Homepage? Markanter Name. Schach64.. Ja, war halt irgendwie frei, der Domainname, ein Freund stellt für mich Inhalte ein. Ich erzähle dort über mich und meinen Schachverein Sandhausen. Außerdem sind viele nützliche Links und Infos drauf. Dieter, die wievielte deutsche Meisterschaft ist das für Sie? (stolz, erfreut): Also für mich ist es schon die 10. deutsche Meisterschaft. Mein Trainer erinnert mich ständig dran. Im letzten Jahr lief es nicht so toll, aber bisher bin ich sehr zufrieden. Mit nur zwei bis zweieinhalb Punkten würde ich schon voll im Schnitt liegen und letztes Jahr waren's nur 1,5, die hab ich schon jetzt erreicht. Ich hab halt auch das Glück, deutscher Blindenschachmeister zu werden und dann will ich natürlich auch hierher. Wie ist der Umgang zwischen blinden und sehenden Spielern? Es ist ja wahrscheinlich fast immer eine Ausnahme für den sehenden Spieler, wenn sie auf den blinden treffen. Muss da nicht auch der Umgang für den sehenden Spieler vor dem Spiel klar geregelt werden? Ja. Normalerweise habe ich auch immer ein Blatt mit den Regeln mit mir, aber dieses Jahr hab ich das vergessen. Das ist hier bei der DEM auch gar nicht nötig, das erwähnt man kurz vorher wies läuft und dann läuft das. Da gibt es überhaupt keine Schwierigkeiten, die sind hier auch alle sehr nett. Gab es je Komplikationen diesbezüglich? Klar, das kommt immer mal vor, irgendwann ist immer mal einer drunter, der sich nicht so verhält, wie erwartet. Ich erinnere mich an Oleg Romanischin, der einen Sekundanten für die zusätzlichen Tätigkeiten während der Partie verlangt hat. Das kam schon komisch rüber, dass ein Großmeister mit mehreren hundert ELO Unterschied sich so verhält. Sie sind als Sehender erblindet. Bei dem Niveau, das Sie heute spielen, müssen Sie schon als Sehender einer der besseren Spieler gewesen sein. Wie hat sich das Spielstärkeverhältnis geändert während der Behinderung? Ich glaube, ich bin sogar noch stärker geworden als früher. Zweimal schon war ich Mitglied der Weltauswahl von Blindenschachspielern bei Olympiaden. Das war 1996 in Armenien und 1998 in Kalmückien. Ach? Waren denn die ganzen Umstellungen, die sich heute beim Spiel ergeben, nicht eher hinderlich? Nein, wenn ich heute das Blindenschachbrett bediene, ist das in Fleisch und Blut übergegangen: Die Felder sind nach Farbe unterschiedlich hoch, die schwarzen Figuren haben Nägel obenauf und die einzelnen Figuren ertastet man nach Ihrer äußeren Form Ich hatte Sie gestern während der Partie gegen Gerlef Meins beobachtet, Ihrer bisher einzigen Niederlage. Bei einem Schwerfigurenendspiel, in dem die Steine eben langschrittig sind und Sie auch noch in Zeitnot waren, muss das doch einfach unglaublich schwer sein. Nunja, ich war in dieser Situation auch aufgeregt, ich versuche gewöhnlich, nicht in Zeitnot zu kommen. Darf ich fragen, wie Sie privat damit zurecht kommen? Sicher. Ich wohne mit meinem Freund zusammen, der ebenfalls behindert ist, er sitzt im Rollstuhl. Und so helfen wir uns gegenseitig und das geht eigentlich auch ganz gut. Wenn ich jetzt das Interview abschließe und Sie nach etwas frage, was aus Sicht eines sehbehinderten Schachspielers immer schon mal gesagt werden sollte, was wäre das? Ich wünsche mir, dass das Problem mit den Schachuhren für Sehbehinderte endlich mal gelöst werden muss. Es gab mal eine Uhr, aber deren Technik war nicht ausgereift genug. Wie wäre das technisch umzusetzen. Eine sprechende Uhr? Ja, durchaus. Man könnte einen Ohrstöpsel einstecken und die Uhr gibt einem in einem bestimmten Takt über einen Sprachchip die Zeit durch. So schwer kann das doch nicht sein, so was zu verwirklichen. Selbst im Fischer- oder Bronsteinmodus könnte man damit spielen. Die meisten Schachspieler sind wirklich sehr nett und man bekommt auch schon mal die Zeit mitgeteilt, aber so hätte man es wenigsten selbst unter Kontrolle. Lieber Herr Bischoff, ich bedanke mich recht herzlich für die Zeit, die Sie sich genommen haben. Sehr gerne. Lassen Sie mich abschließend noch erwähnen, dass dies für mich hier eine ausgezeichnete Meisterschaft ist. Die Versorgung, der Spielsaal, die Organisation, die Unterkunft: Alles prima!