Schach-Bundesliga am 18. und 19.02.2006 (Quelle: ChessBase) Die mögliche Vorentscheidung im Kampf um die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft blieb aus. In einer spannenden, teils dramatischen Begegnung trennten sich Baden Baden und Werder Bremen am Samstag mit einem für die Badener glücklichen 4:4. Porz holte durch Siege gegen Mülheim und Katernberg auf. Damit bleibt es beim Dreikampf um den Titel. Die entscheidenden Begegnungen werden die Kämpfe der Porzer gegen Baden Baden und Bremen sein. Am Tabellenende machte Hamburg durch einen Sieg über Kirchheim Boden gut. Godesberg rutschte nach zwei Niederlagen auf den viertletzten Platz. Bundesliga in Hamburg (von André Schulz bei ChessBase) Zwei entscheidende Kämpfe und zwei Pflichtaufgaben standen am Wochenende in Hamburg an. Mit dem OSC Baden Baden reiste der Tabellenführer und Meisterschaftsfavorit an, um im Kampf gegen den Meister und Verfolger Werder Bremen den Vorsprung auszubauen, mindestens aber zu halten. Die Bremer Ökonomie-Spezialisten, an allen Brettern Elomäßig im Hintertreffen, hatten den Vergleich im Vorfeld als Kampf David gegen Goliath skizziert, den wie bekannt ja nicht Goliath gewonnen hatte. Tatsächlich ist das von Grenke Leasing gesponserte Team aus Baden Baden ja nun schon ein paar Jahren Favorit oder zumindest Co-Favorit, ohne dabei den Titel bisher einfahren zu können. Inzwischen ist die Mannschaft fast schon zu gut besetzt und leidet gelegentlich darunter, dass ihre Stars an den Bundesligaterminen anderswo im Einsatz ist. So auch diesmal, denn mit Swidler, Bacrot und Vallejo fehlten drei der oberen Bretter. Während ihre Mannschaft in Hamburg in der City Nord in unmittelbarer Nähe zum Mexikoring, Sitz einer bekannten deutschen Schachfirma, antraten, waren die drei derweil im richtigen Mexiko, beim Turnier in Morelia, am Werk. Außerdem fehlte Dr. Robert Hübner. "David" Werder Bremen, insgesamt recht gleichmäßig besetzt, konnte mit Ausnahme von Areschenko praktisch in Bestbesetzung auflaufen. Der Samstag brachte gleich den möglicherweise entscheidenden Kampf um die Meisterschaft. Indes spielten die beiden "Juniorpartner" der beiden Spitzenreiter einen wichtigen Kampf für die Abstiegsfrage. Im Reisegepäck von Baden Baden befindet sich mit Heidelberg-Kirchheim einer der Anwärter auf einen der Abstiegsplätze. Star der Mannschaft ist Alexander Onichuk, der über seine Schwester Anna - mit dem Kirchheimer Johannes Rudolph verheiratet - mit der Mannschaft freundschaftlich verbunden und an Brett 1 gemeldet ist. Allerdings lebt Alexander Onischuk in den USA und muss immer extra eingeflogen werden. Diesmal war er nicht mit dabei. Der Hamburger SK ist einer der Mannschaften, die seit Beginn der einteiligen Bundesliga ununterbrochen mit dabei sind. Dabei kann der Verein seit Jahren auf viele einheimische Kräfte bauen, Resultat einer ausgezeichneten Jugendarbeit und des günstigen Umstandes, dass es in der Millionenstadt ein vitales Schachleben, besonders im Schulschach, gibt. In diesem Jahr mussten die Hamburger den Ausfall von Matthias Wahls, der sich vom Schach zurück gezogen hat, und den erkrankten Karsten Müller kompensieren. Während man zuletzt immer auch mit den Großen gut mithalten konnte und niemals Sorgen hatte, befindet man sich diesmal zumindest in Sichtweite von Abstiegsplätzen. Gegen die Kirchheimer mussten unbedingt zwei Punkte her! Schauplatz der Hamburger Bundesligakämpfe ist das Gebäude der Versicherungsgesellschaft Signal-Iduna in der Hamburger City-Nord. Mit seinem Kasino, einem Vorraum für Analysen und der Möglichkeit im Foyer an Demobrettern für die Zuschauer Analysen zu zeigen, bietet die Signal-Iduna eine sehr gepflegtes und freundliches Ambiente für die Bundesliga. Das helle Kasino ist zudem so geräumig, dass selbst große Mengen von Zuschauern genug Platz finden. Unter den Schachfreunden in Deutschland gab es natürlich ein großes Interesse an dem Kampf. Axel Fritz von schach.com war mit der technischen Durchführung der Liveübertragung der Partien ins Internet betraut. Da ein Zugang zum Netz der Signal-Iduna nicht möglich war, wurde die Übertragung mit Hilfe einer UMTS-Karte durchgeführt, und: es funktionierte! Nachdem die Tests der Bretter am Freitag und am Samstag Vormittag noch einwandfrei waren, fiel pünktlich zum Start der Partien ein Kabelstrang aus. Nachdem es ersetzt war, konnte die Übertragung auch an diesen Brettern, wenn auch mit etwas Verzögerung, beginnen. Nur wer es vor Ort einmal miterlebt hat, kann ermessen, welcher Aufwand nötig ist, um ein Bundesliga-Doppelkampf zu übertragen. Meist ist die Bundesliga nur zeitweise als Gast geduldet und es steht wenig Zeit zur Verfügung, um die 16 Bretter zu verkabeln und zu testen. Es gehört Einiges an Know-how und Erfahrung dazu, die Technik im Griff zu haben. Zudem ist man meist von der Internetanbindung und den Gegebenheiten des Gastgebers abhängig. Der ganze Aufwand wird von den Vereinen bzw, der Bundesliga schließlich als völlig kostenloser Service für die Schachfans betrieben.Diese nahmen das Angebot auch wahr. Allein im Fritzserver schauten sich zeitweise über 500 Schachfreunde gleichzeitig die Partien an. Der Hamburger Teamchef Christian Zickelbein begrüßte Spieler und Zuschauer und gab bewegt seiner Freude Ausdruck, dass nach langer Zeit wieder Karsten Müller für Hamburg mitspielen konnte. Die geplante Überraschung war allerdings etwas misslungen, weil man tags zuvor schon in einem Artikel der Welt-online lesen konnte, dass dies geplant war. Aufmerksame Kirchheimer, die den Link zu dem Artikel auf der ChessBase-Seite entdeckt hatten, waren also informiert. Auch die Redaktion der ChessBase-Webseite wurde von Hamburger Seite freundlich darauf aufmerksam gemacht, das sie schon durch Veröffentlichung des Links Mitschuld an der Aufdeckung des Geheimnisses trage. Für das Team von TV ChessBase ist es ebenfalls manchmal schwierig zu begründen, warum Co-Moderator Oliver Reeh am Freitag nicht im Studio ist, sondern irgendwo in der Bahn sitzt, aus Gründen, die nicht genannt werden sollen. Schach scheint hier ganz anders zu funktionieren als z.B. Fußball oder auch Konzerte. Während man dort eher bemüht ist, durch den Auftritt von Stars Publikum anzuziehen, möchte man das im Schach gerne geheim halten. Wie sich dieses Bestreben mit dem gleichzeitigen Wunsch nach mehr Publikum in Einklang bringen lässt, wurde bisher allerdings noch nicht schlüssig erläutert. Die Bundesligavereine möchten zwar auch Stars spielen lassen, aber niemand soll es vorher erfahren. Die beiden Samstag-Begegnungen waren bis zum Ende an fast jedem Brett hart umkämpft. Viele Zuschauer waren erschienen. Um die Bretter von Anand und Shirov bildeten sich große Trauben. Der Wettkampf zwischen Baden Baden und Bremen endete schließlich 4:4. Aber - um ein Fußball Bonmot zu bemühen - genauso gut hätte es umgekehrt sein können! Baden Baden schien Vorteile am Brett von Anand zu haben, der gegen McShane spielte. Pelletier stand gegen Krasenkow mit einer Figur gegen drei Bauern vielleicht besser. Die Partie zwischen Shirov und Efimenko stand lange auf des Messers Schneide. Dautov hatte gegen Nyback leichten Vorteil, während Peter Heine Nielsen gegen Hracek eher schlechter stand. Dann gewann als Erster Phillip Schlosser seine Partie gegen Gennadi Fish, der sich einen Knoten in die eigene Stellung gespielt hatte. Dramatisch verlief das Ende der Partie zwischen Efimenko und Shirov. In unklarer Position war besonders Efimenko in Zeitnot. Er notierte seinen 38.Zug über zwei Zeilen und schrieb den 39. in die Zeile für den 40. und glaubte die Kontrolle geschafft zu haben.Tatsächlich fehlte ihm ein Zug und er verlor die Partie wegen Zeitüberschreitung. Mit 2 Siegen und ein paar inzwischen remis geendeten Partien schien Baden-Baden gegen 18 Uhr so gut wie als Sieger festzustehen. Doch dann gewann Pelletier seine Partie gegen Krasenkow und Schandorf gegen Buhmann. Werder stand sogar vor dem Gewinn des Matches, denn Anand war gegen McShane in Nachteil geraten. Im Endspiel stand er wohl auf Verlust, konnte aber dann gerade noch ins remis entkommen. Anand hat nach seinen regelmäßigen Auftritten bei den Chess Classic Mainz inzwischen perfekt deutsch gelernt und beherrscht teilweise auch noch hessische Mundart. Wie selbstverständlich begrüßte er die Hamburger auf deutsch. Die Hamburger erledigten ihre Pflichtaufgabe gegen Kirchheim mit 6:2 am Ende souverän, hatten aber einige Zeit zu zittern. Sune Berg Hansen hatte die Hamburger zwar mit einer Glanzpartie in Führung gebracht, doch die anderen Partien waren bei Weitem nicht entschieden und man weiß ja nie... Schließlich neigte sich die Waage in einigen der Partien doch deutlich zugunsten der Hamburger zum Endergebnis von 6:2. Kempinski, Müller und Sebastian holten ganze Punkte. Sonntag: Am Sonntag lösten die beiden Favoriten Baden- Baden und Werder Bremen ihre Aufgaben gegen Hamburg und Kirchheim jeweils souverän mit 5,5:2,5 bzw. 6:2. Zu den bemerkenswerten Einzelergebnissen gehörte Karsten Müllers Sieg über Dautov. Nach langer Pause holte Karsten Müller damit seinen zweiten Sieg an diesem Wochenende. Runde 10 - 18.02.2006 Hamburger SK 6 - 2 SG Kirchheim Werder Bremen 4 - 4 OSC Baden Baden SG Köln Porz 6 - 2 SF Katernberg Godesberger SK 3 - 5 SV Mülheim Nord TV Tegernsee 5½-2½ SK Zehlendorf SC Eppingen 6½-1½ SC Leipzig Gohli SG Aljechin Soli 5 - 3 SC Kreuzberg SV Wattenscheid 3½-4½ SF Berlin 1903 Runde 11 - 19.02.2006 SG Kirchheim 2 - 6 Werder Bremen OSC Baden Baden 5½-2½ Hamburger SK SF Katernberg 4½-3½ Godesberger SK SV Mülheim Nord 3½-4½ SG Köln Porz SK Zehlendorf 1½-6½ SC Eppingen SC Leipzig Gohli 1½-6½ TV Tegernsee SC Kreuzberg 5½-2½ SV Wattenscheid SF Berlin 1903 4½-3½ SG Aljechin Soli Tabelle: 1. OSC Baden Baden 20 59½ 2. Werder Bremen 19 54 3. SG Köln Porz 18 59½ 4. TV Tegernsee 17 53 5. SG Aljechin Soli 15 49½ 6. SV Mülheim Nord 13 50½ 7. SF Katernberg 13 49 8. SC Kreuzberg 12 46 9. SF Berlin 1903 11 41 10. Hamburger SK 9 45½ 11. SC Eppingen 8 44½ 12. SV Wattenscheid 8 40 13. Godesberger SK 7 39½ 14. SG Kirchheim 4 30 15. SC Leipzig Gohli 2 22½ 16. SK Zehlendorf 0 20