Münchner Schachakademie (von Dr. Helmut Pfleger in "Die Zeit") Seit zwei Monaten hat die »Münchner Schachakademie½ ihre Tore für die Öffentlichkeit geöffnet. Wie ich dem Prospekt entnehme, »können vom Einsteiger ohne jegliche Vorkenntnisse bis hin zum erfahrenen Vereinsspieler alle Altersstufen in gehobenem Ambiente Schach lernen und trainieren½. So weit verständlich. Nur: Wie definiert sich das »gehobene Ambiente½? Ist das für Schachspieler nicht eine contradictio in adjecto, wie Franz Josef Strauß zu sagen pflegte? (Den ich der Schachleidenschaft immer für unverdächtig hielt, bis ich las, dass er als eines von drei Dingen ein Schachbrett mit auf eine einsame Insel nehmen wollte.) Will man sich also von verrauchten Hinterzimmern irgendwelcher billiger Gaststätten absetzen, in denen so viele Schachvereine ein oft kümmerliches Dasein fristen? Die Münchner Großmeister Stefan Kindermann und Gerald Hertneck sind die Aushängeschilder der Akademie. Allerdings spielen beide in der Bundesliga für den TV Tegernsee. Vielleicht wollen sie ja durch eine erfolgreiche Arbeit an ihren Zöglingen von 8 bis 80 der Schachdiaspora München wieder zu einem neuen Aufschwung verhelfen, so wie damals, als der Pressesprecher des FC Bayern München angesichts der wiederholten deutschen Meistertitel der Schachabteilung noch stolz verkündete: »Die Bayern haben's nicht nur in den Füßen, sondern auch im Kopf!½ Wohlgemerkt, da halfen Kindermann und Hertneck kräftig mit, bis ein gewisser Franz Beckenbauer befand: »Die Klötzleschieber brauch' mer net!½ Aber vielleicht brechen die goldenen Schachzeiten in München ja wieder an, und Uli Hoeneß besucht sogar ein vom NLP-Master Kinderman angebotenes Seminar über »Denkstrategien der Großmeister für Organisation und Management½ oder schickt Trainer Felix Magath, der viele Gemeinsamkeiten zwischen Fußball und Schach sieht, seine Spieler zum Kurs über »Kaltblütigkeit unter Zeitdruck und Stress½? Der Prospekt verspricht noch mehr: »Regelmäßiges Schachspielen reduziert das Alzheimerrisiko um 74 %½. Also nichts wie hin!