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Info-Mail Schach Nr. 686


Hannover Deutscher Mannschaftsmeister im Blindenschach 2007
(Von Eckhard Kröger, Hannover, veröffentlicht in "Rochade Europa"

Das Blindenschach bietet die gesamte Bandbreite des Turnierschachs. So
wird im Deutschen blinden- und sehbehindertenschachbund natürlich auch
eine Deutsche Mannschaftsmeisterschaft ausgetragen, alle zwei Jahre,
ganz früher erst mit 4er- und nunmehr seit 25 Jahren mit
6er-Mannschaften. Einmal diesen Wettbewerb zu gewinnen, ist für einen
Verein wohl der höchste Lohn, spricht es doch nicht nur für die
Leistung in der Spitze sondern vor allem auch in der Breite.

In den Jahren 1970 und 1972, den Terminen der beiden ersten Auflagen
dieses Turniers, war ich noch zu jung und unerfahren, um bei den
"Großen" mitspielen zu können. Aber ab 1974, seit 33 Jahren, war ich
immer dabei und habe mit der Mannschaft Hannovers zusammen
ununterbrochen an 17 Endrunden teilgenommen. In der ersten Zeit waren
wir alles in allem eine typische "Fahrstuhlmannschaft", schafften
regelmäßig die Qualifikation, aber verpassten ebenso sicher auch
wieder die Vorberechtigung für die nächste Meisterschaft. Erst in den
90er Jahren etablierten wir uns allmählich im vorderen Feld und waren
durchaus mal für eine Überraschung gut. In diesem Jahr nun hatten wir
das seltene Glück, uns mit zwei neuen Spielern verstärken zu können
und rückten damit in den Kreis der Favoriten auf.

Die diesjährige Mannschaftsmeisterschaft fand vom 04. bis 10. Februar
in Altenburg (Thüringen) statt. Am Start waren acht Mannschaften und
auf der Setzliste vor uns rangierte nur Leipzig/Halle mit einem
knappen Vorsprung von 25 DWZ-Punkten je Spieler. Alle weiteren
Mannschaften folgten mit einem Abstand von im Durchschnitt 200 und
mehr DWZ-Punkten, so dass es auf einen Zweikampf zwischen dem
Titelverteidiger und uns hinauszulaufen versprach. Es war klar, dass
es auf den direkten Vergleich gegen Leipzig/Halle ankommen würde und
im Falle eines Unentschiedens bei diesem Aufeinandertreffen auch auf
Brettpunkte. Es galt von Anfang an, alle übrigen Wettkämpfe nicht nur
zu gewinnen, sondern sogar möglichst hoch zu gewinnen.

Die erste Runde bescherte uns Heidelberg. Der Seriensieger der letzten
Jahre reiste stark ersatzgeschwächt an und sollte bei diesem Turnier
wohl keine bedeutende Rolle spielen. Aber ganz so einfach war es denn
doch nicht. Zwar holten unsere Bretter 5 und 6 schnell und sicher ihre
Punkte, an den übrigen vier Brettern wackelte es hingegen bedenklich.
Überraschenderweise kippte dann aber plötzlich der Wettkampf, als kurz
nacheinander gleich drei Gegner böse patzten. Durch diesen Einbruch
gewannen wir deutlich mit 5,5:0,5 - vielleicht ein bisschen zu hoch -
aber danach fragt dann keiner mehr!

In der zweiten Runde, gegen Berlin, gab es dafür auch gleich einen
Dämpfer. Es fing schon damit an, dass die Berliner bei der Aufstellung
tricksten. Sie ließen einfach Brett 1 frei bzw. besetzten es mit einem
"Strohmann" und rückten alle einen Platz nach unten. Der Erfolg gab
ihnen recht, denn Brett 2 und 3 wurden kalt erwischt. Dazu kam, dass
an Brett 4 eine Unstimmigkeit durch das Zweibrettspiel entstand und
bei der fälligen Rekonstruktion der Partie unserer Seite der Fehler
nachgewiesen wurde. So endete der Wettkampf 3:3 und wir mussten
zähneknirrschend zugeben, dass das auch in Ordnung ging.

Runde drei brachte dann den vorentscheidenden Kampf gegen
Leipzig/Halle. Durch das Resultat des Vortages hatten wir uns einen
Punkt Rückstand auf den Tabellenführer eingehandelt und da wir kaum
mit Schützenhilfe rechnen konnten, wäre daher ein Unentschieden zu
diesem Zeitpunkt gleichbedeutend mit einer endgültigen Niederlage
gewesen. Wir brauchten also unbedingt einen Sieg, um noch etwas
bewegen zu können und offensichtlich beflügelte das uns. In einem
echten Spitzenkampf erhielten wir zunehmend die Oberhand und wieder
waren es die hinteren Bretter, die den Ausschlag gaben. Mit einem
verdienten 4:2-Sieg schafften wir den Durchbruch und nun war der Weg
frei!

Aber noch war es nicht geschafft. Berlin, das ein starkes Turnier
spielte, lag mit uns noch gleichauf, Leipzig/Halle und unser nächster
Gegner Köln/bonn einen Punkt dahinter. Während wir aber unsere Aufgabe
lösten und souverän mit 4,5:1,5 gewannen, verlor Berlin gegen
Leipzig/Halle und nun hatten wir wirklich alles in eigener Hand.

Der letzte Prüfstein war Augsburg. Das Ziel dicht vor Augen wurden wir
nun vielleicht etwas übervorsichtig. Wir legten schnell einen Punkt
vor, gaben dann aber nur zu bereitwillig gutstehende Partien remis.
Doch es brannte nichts mehr an, wir gewannen sicher mit 4:2 und
besiegelten somit den wohl größten Triumph unserer Vereinsgeschichte.

Seelig nahm ich den Pokal entgegen und ich konnte mein Glück kaum
fassen. Ein Traum ist nach so vielen Jahren endlich in Erfüllung
gegangen. Gleichwohl - schon will ich nächstes Mal wieder Meister
werden!

Der Endstand:

Platz  Verein              Mannschafts-  Brett-
                           punkte        punkte
-----------------------------------------------
   1.  Hannover            9:1           21,0
   2.  Leipzig/Halle       8:2           21,0
   3.  Berlin/Brandenburg  7:3           17,5
   4.  Köln/Bonn           6:4           16,5
   5.  Augsburg            4:6           13,0
   6.  Stuttgart           3:7           12,0
   7.  Essen               2:8            9,0
   8.  Heidelberg          1:9           10,0

(Mannschaftsfoto)
Die Siegermannschaft:

Brett  Name              DWZ
-----------------------------
   1.  Eckhard Kröger    2023
   2.  Peter Ellinger    1928
   3.  Peter Dössel      1888
   4.  Volkmar Lücke     1840
   5.  Axel Eggebrecht   1816
   6.  Reinhard Niehaus  1696

Ersatzspieler:

   7.  Frank Kansier     1600
   8.  Olaf Ehrsam       1586

Mannschaftsführer:

       Detlef Penter

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