nächste Ausgabe vorherige Ausgabe Übersicht
Newsletter abonnieren

Info-Mail Schach Nr. 855


Schach im Fernsehen
(Quelle:
www.chessbase.de)

Doping, Radrennen, Schach
Auch das Fernsehen widmet sich der Schachweltmeisterschaft. Heute abend
(13.10.2008) zeigt der WDR von 22:45 bis 23:15 Uhr in der Sendereihe Sport
Inside einen Bericht über den kommenden Kampf zwischen Kramnik und Anand.
Allerdings ist Schach nicht das einzige Thema der Sendung. Vorher erfährt
man etwas über Doping- und eventuelle Dopingmanipulationen bei der Olympiade
in Peking. Danach, und thematisch eng verwandt, berichtet die Sendung über
den Niedergang des Radsports. So vorbereitet fragt man sich, was wohl über
die Schach-WM und die Vorbereitung von Kramnik und Anand enthüllt wird.

Schach-WM Anand - Kramnik
(14.10. - 02.11.2008 in Bonn, Bundeskunsthalle)
WM-Vorschau (von Artur Jussupow)
Großmeister Artur Jussupow über Schach-Philosophie, Spielweise und Stärke
der beiden Kontrahenten. Artur Jussupow, selbst dreifacher WM-Halbfinalist,
gehört bei der Schach-WM zum offiziellen Kommentatoren-Team.
Nach langer Zeit des Wartens ist es jetzt endlich soweit: Wir erleben in
Bonn den WM-Kampf zwischen Viswanathan Anand und Wladimir Kramnik!
Wie so viele andere Schachfreunde hoffe ich auf spannende Partien.
Die Hoffnung ist gut begründet, treffen doch hier zwei völlig
unterschiedliche
Spielertypen mit verschiedenen Schachphilosophien aufeinander. Auf den
ersten Blick könnten die Unterschiede nicht größer sein: der "taktische
Gott"
Anand trifft auf den "Endspiel-Gott" Kramnik.
Anand, der spielfreudige Weltmeister aus Indien, fühlt sich in komplizierten
Stellungen wie ein Fisch im Wasser. Stattdessen bevorzugt Kramnik eher
das planvolle, strategische Spiel, bei der er die Stellung unter Kontrolle
behalten kann. Zwei Gegensätze also wie Feuer und Wasser? So einfach ist
es nicht im modernen Schach.
Im Spitzenschach hat die Eröffnungsvorbereitung inzwischen eine so große
Bedeutung, dass man sie mit dem Aufschlag im Tennis vergleichen kann.
Und vielleicht wird deshalb der Spieler, der sich geschickter vorbereitet
und
mehr Überraschungen in der Eröffnung bringen kann, der Sieger sein.
Natürlich müssen die Top-Spieler in allen Phasen eines Spiels gut sein - sie
müssen letztlich alle Situationen beherrschen und vielseitig agieren können.
Die besten Spieler werden also immer universeller. So wird ein Anand nicht
im Endspiel "schwimmen", und ein Kramnik wird sich auch in einer
verwirrenden Stellung behaupten. Doch trotzdem: Wenn es zum "langen
Ballwechsel" - um in der Tennissprache zu bleiben - kommt, bekommen die
stilistischen Unterschiede Bedeutung.
Anand ist der geborene Angriffsspieler, der sehr schnell rechnen kann und
seine eigene taktische Chance niemals übersehen wird. Zudem besitzt er ein
gutes positionelles Gefühl und pflegt eine aggressive, aber gleichzeitig
natürliche Spielweise. Im Laufe der Jahre hat er sich in vielen Bereichen
verbessert, besonders in der Verteidigung. Er ist stark in der Eröffnung,
spielt einige aggressive Varianten mit Schwarz, und gewinnt somit als
"Nachziehender" viele Partien. Und er kann solide Systeme spielen.
Anand hat die notwendige innere Balance gefunden - und ist auf dem
höchsten Punkt seiner Schachkarriere.Kramnik hat sich in eine andere
Richtung entwickelt.
Nach dem historischen Sieg gegen Kasparow in London 2000 hat sich
der Russe mehr und mehr auf seine Stärken konzentriert:  tiefe
Eröffnungsvorbereitung, einzigartiges positionelles Gefühl, hervorragende
Endspieltechnik. Bei nahezu allen Gewinnpartien hatte er die weißen Steine,
mit Schwarz spielt er pragmatisch auf Ausgleich. Schließlich erreicht
Kramnik die meisten Siege im Endspiel, eine Angriffspartie von ihm ist
die seltene Ausnahme. Er ist sehr stark in der Verteidigung - und verliert
nur wenige Partien.
In der folgenden Vergleichstabelle möchte ich meine - natürlich subjektive -
Meinung über die Stärken der Spieler in verschiedenen Komponenten
darstellen. Die maximale Punktzahl in jeder Kategorie ist 10. Dies ist
kein "absoluter Wert", sondern soll die Position des Spielers und seine
Stärke in diesem Bereich innerhalb der führenden Top Ten der
Weltrangliste aufzeigen.

Eröffnung: Anand 9 - Kramnik 10
Taktik: Anand 10 - Kramnik 8
Variantenberechnung: Anand 10 - Kramnik 9
Angriff: Anand 10 - Kramnik 7
Verteidigung: Anand 9 - Kramnik 9
Positionelles Spiel: Anand 9 - Kramnik 10
Strategie: Anand 8 - Kramnik 9
Endspiel/Technik: Anand 8 - Kramnik 10

Natürlich, und dies muss deutlich betont werden, wird ein Zweikampf um die
Weltmeisterschaft nicht allein durch die schachlichen Qualitäten
entschieden.
Andere Faktoren werden eine wichtige Rolle spielen: guter physischer
Zustand,
kluge Match-Strategie, Motivation, das richtige Sekundanten-Team,
bessere Vorbereitung - und nicht zuletzt die Form während des Wettkampfs.
Der Spieler, der es schafft, den Zweikampf in eine für ihn günstige Richtung
zu lenken, um dann "seine" Stellungen zu bekommen, kann möglicherweise
so den entscheidenden Vorteil erhalten.
---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Offizielle WM-Website:
www.uep-worldchess.com

zurück zur Startseite

© 1998 - 2015 by Anton Lindenmair, Augsburg