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Info-Mail Schach Nr. 1628


DSB-Einzelmeisterschaft 2016
(von Frank Schellmann, Halle)

Liebe Schachfreunde,

Vom 20.-30.10.2016 fand die diesjährige Deutsche Einzelmeisterschaft des
Deutschen Schachbundes statt. Als Vertreter des DBSB hatte sich
Mirko Eichstädt bei der letzten DBSB-Einzelmeisterschaft qualifiziert. 
Da Anfang Juni  Mirko im Zusammenhang mit seinem Studienbeginn seine Teilnahme absagte, benannte mich der Bundestrainer Wilfried Bode als Nachrücker.  

Ausrichter und Präsident des Schachverbandes Schleswig Holstein  war Ulrich Krause. Er sorgte für einen reibungslosen Ablauf und die hervorragende Organisation. Austragungsort war das Holiday Inn in Lübeck, einem  4-Sterne-Hotel, günstig gelegen. Die Rahmenbedingungen waren hervorragend. Alle Spieler lobten das gute, abwechslungsreiche Essen. Es gab zu allen Mahlzeiten Freigetränke und während den Partien Snacks und Obst. Die Spielbedingungen waren gerade für mich sehr angenehm. Turnierdirektor und Schiedsrichter Ralph Alt mit Unterstützung  von Gerhard Maiwald brachte das Turnier souverän über die Runden. 
Die ersten 6 Bretter wurden im Internet übertragen. Vor Ort gab es auch eine Liveanalyse für die Besucher des Turniers durch FM Dirk Lampe, was gut angenommen wurde. 

Es traten zu dieser Meisterschaft nur 26 Teilnehmer an. Das waren im Vergleich zu den Vorjahren relativ wenig. Die  Kaderspieler des Deutschen Schachbundes waren in diesem Jahr nicht vertreten. Lag es an dem nicht existierenden Preisfonds? 
Nichts desto trotz entwickelte sich ein interessantes Turnier und bis zur letzten Partie ein spannender Kampf um den Titel. Letztendlich entschied die Zweitwertung bei den zwei Spielern mit 7 Punkten, die sich aus dem Durchschnitt der ELO-Gegner zusammensetzt, für den Turniersenior GM Sergej Kalinitschew (ELO 2405), weil GM Rasmus Svane (ELO 2552), der Turnierfavorit mit der besten ELO, sich in direkten Duellen gegen seine Konkurrenz nicht durchsetzen konnte und daher auf Platz 2 landete. Etwas überraschend erreichte Platz 3 FM Karsten Schulz (ELO 2283) mit  6 Punkten, was er selbst als seinen bisher größten Erfolg einschätzte. 

Mit der geringsten ELO-Zahl von 2074 war ich an Platz 26 gesetzt. 
Vor drei Jahren nahm ich zuletzt an einer solchen Veranstaltung teil und erreichte damals
4 Punkte. Dieses Ergebnis war ein sehr gutes Ergebnis für den DBSB und auch für mich,
was jedoch auf Grund der Kürze der Vorbereitungszeit für mich von Vornherein nicht als Messlatte anzusehen war. 
Mein Ziel stattdessen war es, nicht den letzten Platz zu belegen. 
Wilfried Bode begleitete mich als Bundestrainer,  und an dieser Stelle möchte ich mich  für seine gute Vorbereitung und Betreuung bedanken. 

Zu meinem Turnierverlauf
Das Turnier startete für mich schwierig, da ich bereits in der ersten Runde mit den weißen Steinen gegen den  letztendlich Drittplatzierten FM Karsten Schulz (ELO 2283) glatt verlor.
In Runde 2 gelang es mir mit Schwarz, gegen Raphael Rehberg (ELO 2232) ein remisliches Endspiel zu erreichen, was schließlich auch zum Remis führte.
In Runde 3 kam ich mit Weiß gut aus der Eröffnung und erreichte eine vorteilhafte Stellung bis hin ins Endspiel. In Zeitnot machte ich einen unvorsichtigen Bauernzug und verdarb die Stellung, was meinem Gegner Christoph Schröder (ELO 2193) bei genauem Spiel zum Sieg hätte reichen können. Doch auch ihm unterlief ein Fehler, so dass ich die Partie zum Remis ausrechnen konnte. 

Nun wurde ich in der 4. Runde heruntergelost und spielte gegen den an 25 gesetzten Sachsen-Anhaltiner-Vertreter Michael Görgens (ELO 2080) mit den schwarzen Steinen.
Mit einer seltenen Eröffnung wurde ich überrascht, fand den Ausgleichszug nicht und musste mich die gesamte Partie lang verteidigen. Als ich dachte, ich hätte das Remis so gut wie in der Tasche, unterlief mir ein schwerwiegender Konzentrationsfehler, der mich die Partie kostete. 
Runde 5 brachte mir FM Jens Hirneise (ELO 2293), den Mitherausgeber der Schachzeitung "Europarochade", der nach seinem Auftaktsieg drei Niederlagen einstecken musste.
Seine Eröffnungswahl mit Schwarz war dem geschuldet vorsichtig, und mit einer Eröffnungsfeinheit gelang es mir, den  Gegner am Gegenspiel zu hindern.
Nach den notwendigen 40 Zügen einigten wir uns durch Zugwiederholung auf Remis. 

Die nachfolgende Runde spielte ich mit Schwarz gegen Frank Schwarz (ELO 2251).
Trotz seines umfangreichen Repertoires gelang es uns in der Vorbereitung, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren und aus der Eröffnung mit kleinem Vorteil hervorzugehen.
Im Spiel suchte ich nach guten Angriffschancen zu Lasten der Bedenkzeit, 
anstatt mit einfachem Spiel eine komfortable Stellung zu verwalten. Es unterliefen mir Ungenauigkeiten, und in der Zeitnotphase verlor ich den Faden - und die Partie.

Die 7. Runde brachte mir das zu diesem Zeitpunkt stehende Schlusslicht Dr.Ralf Schön (ELO 2146).
In der Eröffnungsphase bot ich ihm mehrfach ein Bauernopfer an, das er dankend ablehnte, was mich aber zu einem leichten Vorteil führte. 
Letztendlich erhielt ich ein sehr angenehmes Endspiel, in welchem er mir eine Falle stellte, in die ich in relativer Zeitnot jedoch nicht hineintappte, aber leider auch nicht den besten Zug fand. Nach 40 Zügen bot er Remis, und ich stand vor der Entscheidung, was nun?
Ich entschied mich in meiner Situation für das Remis, mir war "der Spatz in der Hand lieber als die Taube auf dem Dach." 

In Runde 8 traf ich mit Schwarz auf FM Hartmut Metz (ELO 2284), mit dem ich schon im Dähne-Pokal zweimal die Klingen gekreuzt hatte.
In dem relativ selten gespielten Königsgambit wählte Hartmut einen eher vorsichtigen Zug, der mir jedoch nicht geläufig war und ich darauf nicht die richtige Antwort fand, so dass
er typisch für diese Eröffnung in entscheidenden Vorteil kam.

Die letzte Runde wurde vormittags ausgetragen, das Farbrecht wechselte und ich erhielt erneut Schwarz - bei allen meiner drei Teilnahmen besaß ich einmal mehr Schwarz - das muss mal gesagt sein! 
Doch dieses Mal gelang es mir, dem Gegner Jürgen Messarius (ELO 2198) beizeiten einen Bauern abzuluchsen. Auch der weitere Verlauf führte mich zu einem noch größeren materiellen Vorteil. Dann sah ich Gespenster und ich gab meinen Materialvorteil fast wieder her. Es endete mit einem ungleichfarbigen Läuferendspiel, was natürlich zum Remis führte.

FAZIT
Die erreichten 2,5 Punkte waren aus meiner Sicht hart erkämpft und für mich und den 
Bundestrainer Wilfried Bode durchaus zufrieden stellend. Ich wurde 25. - wenigstens  nicht Letzter. 
Weniger schön für mich war meine schlechte Chancenverwertung sowie bei einigen Partien aufkommende Zeitnot, was ich auf die unzureichende Vorbereitungszeit im Vorfeld der Meisterschaft schiebe.

Mein Tagesablauf bei diesem Turnier waren nach einem ausgiebigen Frühstück bis
ca. 10 Uhr, 1,5 h Training mit Wilfried, anschließend Spaziergang, ein kleines Mittagessen, Rundenbeginn 14 Uhr, anschließend Partieanalyse mit Gegner und Wilfried, Partieeingabe. 
gegen 19:00 bis 20:00 Uhr Abendessen und im Anschluss kurze Vorbereitung mit Wilfried auf die nächste Runde.
Es gab kaum Freizeit, aber auf den täglichen Spaziergang in der schönen Stadt Lübeck haben wir nicht verzichtet.

Am Freitag tagte der Arbeitskreis der Landesverbände, und am Samstag fand die Präsidiumssitzung des Vorstands des Deutschen Schachbundes parallel zum Turnier statt, auf der u. a. über die Zukunft der Deutschen Meisterschaft diskutiert wurde. Für den nächsten Kongress im Mai 2017, voraussichtlich in Binz (Rügen), sollen dahingehende Vorschläge eingereicht werden.

Zur Siegerehrung am 29.9.  19:00 Uhr mit anschließendem Bankett waren daher 
neben dem Präsidenten Herbert Bastian auch zahlreiche Landesfürsten anwesend. 


Es grüßt Frank Schellmann und Danke für das "Daumenhalten"

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