Blinde Schachspieler erfolgreich

In der Schachecke der "Stuttgarter Zeitung" vom 29.03.2003 widmet der Redakteur Harald Keilhack auch einen Abschnitt dem Blindenschach. Zum Anlass hierfür nimmt er die Teilnahme von 10 Spielern des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenschachbunds beim Open in Bad Wörishofen. Nachstehend der Bericht.

Stuttgarter Zeitung vom 29.03.2003 (von Harald Keilhack)

Blinde Schachspieler erfolgreich

Das traditionell starke Open von Bad Wörishofen gewann Sawtschenko mit 7½ aus 9 vor Kvejnis, Rotstein, Korneew, Levin und Vl. Georgiew, je 7 (222 Tln.). Doch nicht von den osteuropäischen Profis soll hier die Rede sein, sondern von den zehn Vertretern des Blindenschachbundes. Vier blinde Spieler (Gert Schulz, Schellmann, Lindenmair, Engl) erreichten starke 5 aus 9. Für ihren Champion, den 52-jährigen Dieter Bischoff (Sandhausen) lief es am Ende weniger gut, dafür gelang ihm die folgende schöne Partie:

D. Bischoff (Elo 2212) - U. Huhn (Elo 1980)

Bad Wörishofen 2003, 7. Runde

Budapester Gambit

1.d4 Sf6 2.c4 e5 3.d:e5 Sg4 4.e3 S:e5 5.Sh3!

Strebt zwecks Zentrumskontrolle nach f4.

5...Lb4+ 6.Sd2 d6 7.Sf4 Sbc6 8.Le2 0-0 9.a3 L:d2+ 10.L:d2

Mit dem Läuferpaar hat Weiß einen kleinen, aber stabilen Vorteil. Schwarz möchte nicht ohne Gegenspiel bleiben, gerät jedoch mit den nächsten zwei Zügen auf die schiefe Bahn.

10...f5?! 11.Lc3 Sg6?! 12.S:g6 h:g6 13.h4!

Spielt auf direkten Königsangriff.

13...Le6 14.h5 g:h5 15.T:h5 Se5 16.Dc2 Kf7?! 17.0-0-0 Sd7

Nun macht der Blindenmeister kurzen Prozess:

st -- -- sd -- st -- --
sb sb sb ss -- sk sb --
-- -- -- sb sl -- -- --
-- -- -- -- -- sb -- wt
-- -- wb -- -- -- -- --
wb -- wl -- wb -- -- --
-- wb wd -- wl wb wb --
-- -- wk wt -- -- -- --

18.g4! f:g4

Nach 18...g6 entscheidet 19.g:f5 L:f5 20.T:f5+ bzw. 19...g:h5 20.f:e6+.

19.L:g7!! Tg8

Auf 19...K:g7 folgt eine sehenswerte Mattjagd: 20.Dh7+ Kf6 21.Th6+ Ke5 22.Td5+! L:d5 23.Th5+ Ke6 24.c:d5+ Kf6 25.Tf5#.

20.Lc3 Sf6 21.Th6 Se8 22.Dh7+ Tg7 23.L:g7 S:g7 24.T:e6 K:e6 25.D:g7 1:0

Als Abonnementsmeister des Blindenschachbundes darf Bischoff regelmäßig an den Deutschen Einzelmeisterschaften teilnehmen. 2½ bis 3 Punkte aus den neun Partien sind sein übliches Ergebnis, den Meistern der Landesverbände geht es oft nicht besser. Er erfühlt die Figuren auf einem Steckbrett, die Züge werden dem Gegner mündlich mitgeteilt. Nur staunen kann man über die computergestützten Trainingstechniken von Bischoff und anderen blinden Spitzenspielern. Über aktuelle Eröffnungsvarianten sind sie meist besser informiert als ihre sehenden Kontrahenten!

Schach ist ein ideales Hobby für Blinde. Die Nachteile gegenüber den Sehenden lassen sich leichter kompensieren als in anderen Sportarten. Auch Sehenden seien die informativen Internetseiten von Dieter Bischoff und Toni Lindenmair empfohlen:

http://www.schach64.de/

http://home.t-online.de/home/Anton. Lindenmair/

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